Kurz zusammengefasst:
  • Entschärfung des USA-Kanada Handelskonflikts
  • Nordamerikanisches Freihandelsabkommen im Fokus
  • Wirtschaftsexperten befürchten Rezessionsgefahr
  • US-Notenbank unter Zinsentscheidungsdruck

Inmitten der wachsenden Spannungen im nordamerikanischen Handelsraum hat Kanada gestern einen wichtigen Schritt zur Deeskalation unternommen. Die kanadische Provinz Ontario setzte ihren erst kürzlich eingeführten 25-prozentigen Aufschlag auf Stromexporte in die USA aus, nachdem beide Seiten „produktive Gespräche“ geführt hatten. Diese Entwicklung folgt auf die Drohung von US-Präsident Donald Trump, bestehende Zölle auf kanadische Stahl- und Aluminiumimporte auf insgesamt 50 Prozent zu verdoppeln.

Handelspolitische Wende nach „produktiven Gesprächen“

Der Premier von Ontario, Doug Ford, verkündete die Aussetzung des Stromaufschlags in einer gemeinsamen Erklärung mit US-Handelsminister Howard Lutnick. „Ontario hat sich bereit erklärt, den 25-prozentigen Aufschlag auf Stromexporte nach Michigan, New York und Minnesota auszusetzen“, erklärte Ford. Beide Seiten wollen sich nun am Donnerstag mit dem US-Handelsbeauftragten treffen, um über die Erneuerung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens USMCA zu beraten – ein wichtiger Schritt angesichts der am 2. April drohenden gegenseitigen Zollfristen.

Die Märkte reagierten umgehend auf die Entspannungssignale. Nachdem der S&P 500 am Montag seinen größten Tagesverlust des Jahres erlitten hatte, erholten sich die Kurse teilweise. Am Dienstag stieg der Nasdaq Composite um 1,05 Prozent auf 17.645,07 Punkte, während der S&P 500 um 0,2 Prozent auf 5.624,63 Punkte zulegte.

Rezessionsängste belasten Wirtschaftsausblick

Trumps unberechenbare Handelspolitik, geprägt von wiederkehrenden Zollandrohungen gegen Kanada und Mexiko, hat das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern erschüttert. In einem Fox-News-Interview am Wochenende hatte der Präsident es abgelehnt, eine mögliche Rezession infolge seiner Handelspolitik auszuschließen, und von einer „Übergangsperiode“ gesprochen.

Eine Reuters-Umfrage unter Wirtschaftsexperten zeigt die steigende Besorgnis: 95 Prozent der befragten Ökonomen aus Kanada, den USA und Mexiko gaben an, dass die Rezessionsrisiken in ihren jeweiligen Volkswirtschaften durch Trumps chaotische Zollpolitik gestiegen seien.

„Die Unsicherheit und Volatilität hält an diesem Markt weiter an“, sagte Mona Mahajan, Leiterin der Anlagestrategie bei Edward Jones, und verwies auf Trumps jüngste Zollankündigung und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Bedenken. „Das Wirtschaftswachstum hatte sich schon vor der Zollunsicherheit verlangsamt. Was jedoch ungewöhnlich ist, ist der zusätzliche Unsicherheitsfaktor durch die Politik.“

Besonders hart könnte es Mexiko treffen. „Der Schaden ist bereits angerichtet, vielleicht gibt es im zweiten Quartal eine leichte Erholung, aber dieses Quartal ist verloren“, so Marco Oviedo, leitender Stratege für Lateinamerika bei XP Investments. Mexiko könnte in eine technische Rezession geraten, nachdem die Wirtschaft bereits im vierten Quartal 2024 geschrumpft war.

Inflation contra Rezession: US-Notenbank unter Druck

Während die Zollpolitik Rezessionssorgen schürt, bleibt die Inflation ein zentrales Thema. Am Mittwoch, den 12. März 2025, werden die neuesten Verbraucherpreisindexdaten (CPI) für Februar veröffentlicht. Erwartet wird ein monatlicher Anstieg von 0,3 Prozent, nach 0,5 Prozent im Vormonat. Die Jahresinflation wird voraussichtlich bei 2,9 Prozent liegen, nach 3,0 Prozent im Januar.

Diese Daten werden für die US-Notenbank entscheidend sein, die nächste Woche ihre Zinsentscheidung bekannt gibt. Finanzmärkte rechnen damit, dass die Fed ihren Leitzins unverändert in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen wird. Aufgrund der sich verschlechternden Wirtschaftsaussichten wird jedoch eine Fortsetzung der Zinssenkungen ab Juni erwartet, nachdem die Fed im Januar eine Pause eingelegt hatte.

„In den nächsten Monaten werden Marktteilnehmer und Investoren viel mehr auf die Wachstumsrisiken als auf Inflationsgefahren fokussiert sein. Deshalb glauben wir, dass die Renditen von ihrem aktuellen Niveau aus noch etwas sinken dürften“, sagte Vishal Khanduja, Leiter des Breitenmarktes für festverzinsliche Anlagen bei Morgan Stanley Investment Management.

Wirtschaftsdaten signalisieren Abkühlung

Die US-Wirtschaft zeigt bereits Anzeichen einer Verlangsamung. Der Optimismus kleiner Unternehmen ist im Februar den dritten Monat in Folge gesunken, wie der National Federation of Independent Business (NFIB) Small Business Optimism Index zeigt, der um 2,1 Punkte auf 100,7 fiel.

„Selbst republikanisch orientierte Kleinunternehmer sind von den Zoll- und Ausgabenkürzungsplänen der neuen Regierung verunsichert“, sagte Samuel Tombs, Chefvolkswirt für die USA bei Pantheon Macroeconomics.

Gleichzeitig versucht die Trump-Regierung, den Staatsapparat zu verschlanken. Mehrere Behörden, darunter das Office of Personnel Management, die Social Security Administration und das Department of Health and Human Services einschließlich der Food and Drug Administration, haben Mitarbeitern Abfindungen von bis zu 25.000 Dollar vor Steuern angeboten, wenn sie freiwillig ausscheiden.

Ausblick: Fachleute rechnen mit anhaltender Volatilität

Angesichts der unklaren Politik und der schwächelnden Wirtschaftsindikatoren rechnen Experten mit anhaltender Volatilität an den Finanzmärkten. Der „MOVE“-Index, ein weit verbreitetes Maß für die Volatilität am Anleihemarkt, erreichte kürzlich seinen höchsten Stand seit über vier Monaten und liegt derzeit etwa 30 Prozent über seinem langfristigen Durchschnitt.

„Es wird etwas Volatilität geben, aber wir werden in der ersten Hälfte von 2025 in diesem Bereich von 4-5 Prozent bei der 10-jährigen Rendite bleiben. Die wechselhafte Natur der politischen Änderungen hat zu Politikmüdigkeit und Unsicherheit geführt, und das belastet die Investitionsausgaben und die Wirtschaftstätigkeit mittel- und langfristig“, fügte Khanduja von Morgan Stanley hinzu.

Ob der Handelsdisput zwischen den USA und ihren nördlichen und südlichen Nachbarn in den kommenden Wochen weiter entschärft werden kann, bleibt abzuwarten. Die Gespräche am Donnerstag könnten entscheidend sein, um einen drohenden Handelskrieg abzuwenden. Bis dahin dürfte die Unsicherheit an den Märkten anhalten, während Investoren gespannt auf die Inflationsdaten am Mittwoch und die Fed-Entscheidung in der kommenden Woche blicken.