US-Zölle: Weltwirtschaft zittert

Die Handelspolitik der USA löst globale Turbulenzen aus, von Banken bis zum Ölmarkt. Droht eine weltweite Rezession?

Kurz zusammengefasst:
  • Chinas Banken verzeichnen Gewinnrückgänge
  • Hotel- und Reisebranche senkt Prognosen
  • Ölpreise fallen auf Nachfragesorgen
  • US-Dollar verzeichnet starke Verluste

Die globalen Finanzmärkte stehen unter Hochspannung. Die aggressive Handelspolitik der USA, insbesondere die umfassenden US-Zölle, sendet Schockwellen durch die Weltwirtschaft und sorgt für massive Verunsicherung bei Unternehmen und Anlegern. Von Chinas Banken über internationale Hotelketten bis hin zum Ölmarkt – kaum ein Sektor bleibt verschont. Während der US-Dollar auf Talfahrt geht, stellt sich die drängende Frage: Steuert die Welt auf eine Rezession zu, oder können die diplomatischen Bemühungen eine weitere Eskalation des Handelskrieges verhindern?

Branchen unter Druck: Von Banken bis Öl

Die Auswirkungen der Zölle sind bereits schmerzhaft spürbar. Chinas Bankenriesen, die „Big Five“, meldeten für das erste Quartal 2025 schrumpfende Nettozinsmargen. Die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), die China Construction Bank (CCB) und die Bank of China mussten sogar Gewinnrückgänge zwischen 2,9 % und 4 % im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Zwar konnten die Bank of Communications (BoCom) und die Agricultural Bank of China (AgBank) leichte Gewinnsteigerungen verbuchen, doch auch hier sank die Marge. Die Institute leiden unter dem wirtschaftlichen Abschwung im Reich der Mitte, der durch die US-Zölle und die anhaltende Krise im Immobiliensektor verschärft wird. Analysten warnen vor steigenden Risiken bei Krediten an kleine und mittlere Unternehmen sowie bei der Finanzierung des Umbaus hin zu Hochtechnologie und grüner Energie. Die Gefahr notleidender Kredite wächst.

Auch außerhalb des Finanzsektors hinterlässt die Unsicherheit tiefe Spuren. Der Hotelkonzern Hilton Worldwide musste seine Prognose für das Umsatzwachstum pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) für 2025 deutlich senken – von zuvor 2-3 % auf nunmehr 0-2 %. Gleichzeitig wurde die Nettogewinnprognose reduziert. Als Gründe nennt Hilton die wachsende Furcht vor einer Rezession infolge der US-Zölle und die daraus resultierende Zurückhaltung der Konsumenten bei diskretionären Ausgaben wie Reisen. Diese Entwicklung trifft die gesamte Reisebranche: Große US-Fluggesellschaften wie Delta Air Lines zogen ebenfalls ihre Jahresprognosen zurück und sprachen von einer "weitgehend stagnierenden" Reisenachfrage.

Die Sorgen spiegeln sich auch am Ölmarkt wider. Die Rohölpreise gaben am Dienstag nach, da die Angst vor einer nachlassenden globalen Nachfrage infolge des Handelskrieges zwischen den USA und China, den beiden größten Ölverbrauchern der Welt, zunahm. Analysten sehen ein wachsendes Risiko, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession abgleitet. Die Investmentbank Barclays senkte bereits ihre Prognose für den Brent-Ölpreis 2025 und rechnet wegen der Handelsspannungen und einer möglichen Strategieänderung der OPEC+ mit einem Angebotsüberschuss. Gleichzeitig könnten steigende US-Rohöllagerbestände den Preisdruck erhöhen.

Devisenmärkte im Strudel der Handelspolitik

Die Turbulenzen manifestieren sich besonders deutlich an den Devisenmärkten. Der US-Dollar steht vor seinem größten Zwei-Monats-Verlust seit über 20 Jahren. Der Dollar-Index, der den Wert des Greenbacks gegenüber einem Währungskorb misst, war Anfang April stark unter Druck geraten, als Anleger angesichts der von Präsident Trump angekündigten Zölle in sichere Häfen wie den japanischen Yen, den Schweizer Franken und auch den Euro flüchteten. Zwar konnte sich der Dollar am Dienstag leicht erholen, gestützt durch Berichte über eine mögliche Abschwächung der geplanten Autozölle, doch das Grundvertrauen scheint erschüttert. Analysten der Deutschen Bank berichten von anhaltenden Kapitalabflüssen aus US-Anleihen und Aktien, was auf einen "Käuferstreik" internationaler Investoren hindeuten könnte.

Im Gegenzug profitierte der Euro und steuerte auf seinen größten Monatsgewinn gegenüber dem Dollar seit über zwei Jahren zu. Neben seiner Funktion als sicherer Hafen wurde die Gemeinschaftswährung auch durch Pläne für höhere Staatsausgaben in Deutschland gestützt, die die Wachstumserwartungen für die größte Volkswirtschaft der Eurozone beflügelten. Auch der Schweizer Franken und der Yen waren als sichere Häfen gefragt. Der Kanadische Dollar hingegen geriet unter Druck, nachdem die Regierungspartei bei den Wahlen zwar an der Macht blieb, aber keine absolute Mehrheit erreichte, was die Verhandlungsposition gegenüber den USA in Zollfragen schwächen könnte.

Die hohe Marktvolatilität hält auch die Aufsichtsbehörden in Atem. Die britische Bankenaufsicht PRA hat zwar ihre Überwachung der Institute intensiviert, sieht aber trotz des durch die US-Zölle ausgelösten Marktchaos bisher keinen Grund, tägliche Liquiditätsmeldungen von den Banken zu verlangen. Man verweist auf die Erholung der Aktienkurse und bisher stabile Kundenverhalten.

Politische Fronten und regulatorische Antworten

Parallel zu den direkten Zollmaßnahmen verschärfen die USA den Druck auch auf anderen Ebenen. Das Büro des US-Handelsbeauftragten (USTR) setzte Mexiko auf seine "Priority Watch List" für geistiges Eigentum. Als Gründe werden langjährige Bedenken hinsichtlich der Durchsetzung von Marken- und Urheberrechten sowie des Schutzes von Pharmapatenten genannt, insbesondere im Kontext des USMCA-Abkommens. Auch China bleibt prominent auf dieser Liste, mit Verweis auf langsame Reformen und anhaltende Probleme wie erzwungenen Technologietransfer und Produktpiraterie. Diese Maßnahmen unterstreichen die Entschlossenheit der US-Regierung, ihre Handelspolitik auf breiter Front durchzusetzen, was die Spannungen weiter anheizt.

In Europa hingegen fokussiert sich die Debatte im Finanzsektor auf Stabilität und Regulierung. Eine ranghohe Vertreterin der Europäischen Zentralbank (EZB), Sharon Donnery, warnte davor, die nach der Finanzkrise mühsam errungenen Bankenregeln im Namen der Wettbewerbsfähigkeit oder Vereinfachung aufzuweichen. Zwar sehe sie Spielraum für mehr Verhältnismäßigkeit, insbesondere für kleinere Banken, doch die Widerstandsfähigkeit des Sektors sei eine "rote Linie". Diese Haltung spiegelt die Besorgnis wider, dass in wirtschaftlich unsicheren Zeiten, wie sie durch die globalen Handelskonflikte befeuert werden, eine solide regulatorische Basis unerlässlich ist.

Lichtblick Deutschland? Konsum und Konjunktursorgen

Inmitten der globalen Konjunktursorgen überrascht Deutschland mit einem unerwarteten Anstieg des Konsumklimas. Der GfK-Index für Mai verbesserte sich deutlich, entgegen den Erwartungen von Ökonomen. Als Grund wird das Vertrauen der Verbraucher in die Stabilität durch die neue Bundesregierung genannt, obwohl die potenziellen negativen Auswirkungen der US-Handelspolitik auch hierzulande ein Thema sind.

Dieser lokale Optimismus steht jedoch im Kontrast zur globalen Besorgnis. Die anhaltenden Handelsstreitigkeiten, insbesondere zwischen den USA und China, nähren die Furcht vor einem weltweiten Wirtschaftsabschwung. Analysten beobachten genau die nächsten Schritte der US-Regierung bezüglich der Zölle und die Reaktionen der betroffenen Länder. Auch die Geldpolitik rückt wieder stärker in den Fokus. In China wird über mögliche weitere Zinssenkungen spekuliert, um die Wirtschaft zu stützen, was jedoch die Margen der Banken weiter belasten würde. In den USA richten sich die Blicke auf Konjunkturdaten, insbesondere den Arbeitsmarktbericht, der Hinweise auf die zukünftige Zinspolitik der Federal Reserve geben könnte.

Die kommenden Wochen dürften entscheidend dafür sein, ob eine Deeskalation im Handelskonflikt gelingt oder ob die US-Zölle die Weltwirtschaft tatsächlich in eine tiefere Krise stürzen. Die Nervosität an den Märkten bleibt hoch.

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