US-Zölle erschüttern Weltmärkte – Globale Handelssorgen und Inflationsdruck nehmen zu

Globale Finanzplätze geraten nach neuen Importabgaben unter Druck, während Handelsgespräche beginnen und Experten erhöhte Inflationsrisiken prognostizieren.

Kurz zusammengefasst:
  • Börsenkurse fallen nach Zollankündigung
  • Vorsichtige Markterholung trotz Verunsicherung
  • Inflationserwartungen deutlich nach oben korrigiert
  • Handelsgespräche mit Dutzenden Ländern möglich

Die Ankündigung umfassender Importzölle durch US-Präsident Donald Trump hat die Finanzmärkte weltweit in Aufruhr versetzt und Befürchtungen vor einem globalen Handelskrieg geschürt. Seit der Bekanntgabe der neuen Zollpolitik am 2. April sind die wichtigsten US-Börsenindizes stark unter Druck geraten – der Nasdaq rutschte sogar in einen Bärenmarkt, während S&P 500 und Dow Jones mehr als 15 Prozent unter ihren Rekordhochs notieren.

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Nach massiven Kursverlusten in den vergangenen Tagen zeigten sich die US-Märkte am Dienstag mit einer technischen Gegenbewegung. Die Terminkontrakte auf die wichtigsten Indizes signalisierten eine deutlich höhere Eröffnung – Dow-Futures legten um 3,15 Prozent zu, S&P 500-Futures stiegen um 2,9 Prozent und Nasdaq-Futures gewannen 2,78 Prozent. Technologiewerte wie Nvidia (+4,5%), Amazon und Tesla (jeweils etwa +4%) führten die Erholung an.

„Eine Gegenbewegung war irgendwann unvermeidlich… der Grund ist, dass wir einen sehr schnellen Fall erlebt haben und Aktienanleger immer noch hoffen, dass Vertreter verschiedener Länder versuchen werden, ein Handelsabkommen mit Amerika zu erzielen“, erklärte Russ Mould, Investmentdirektor bei AJ Bell.

Der Volatilitätsindex CBOE – allgemein als „Angstbarometer“ der Wall Street bekannt – zog sich auf 39,78 Punkte zurück, nachdem er am Montag auf über 60 gestiegen war, ein Niveau, das zuletzt im August erreicht wurde. Dennoch bleibt die Unsicherheit hoch, nachdem China am Dienstag betonte, es werde niemals die „erpresserische Natur“ von Trumps Drohung akzeptieren, Zölle auf Importe aus China auf mehr als 100 Prozent zu erhöhen.

Globale Reaktionen auf Trumps Zollpolitik

Die internationalen Märkte reagieren unterschiedlich auf die neue US-Handelspolitik. In Taiwan, das mit einem Zoll von 32 Prozent belegt werden soll, aktivierte die Regierung am Dienstag ihren 15-Milliarden-Dollar-Stabilisierungsfonds, nachdem der Leitindex in zwei Handelstagen um fast 14 Prozent eingebrochen war. „Die internationale Panikatmosphäre ist stark“, begründete das Finanzministerium den Schritt.

Europäische Pharmaunternehmen warnten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Treffen am Dienstag, dass Trumps Zölle die Abwanderung der Branche aus Europa in die USA beschleunigen würden. Der Pharmaverband EFPIA forderte „schnelle und radikale Maßnahmen“, um ein „Risiko des Exodus“ zu vermeiden.

In Schweden betonte Riksbank-Gouverneur Erik Thedeen, dass die von Trump angekündigten Zölle die Unsicherheit über die künftige Inflation und die Erholung der schwedischen Wirtschaft erhöht hätten. „Es ist klar, dass die Bandbreite der möglichen Ergebnisse für die Zukunft viel breiter geworden ist, sowohl in Bezug auf die Wirtschaftstätigkeit als auch auf die Inflation“, sagte er. Dennoch sei Schweden „in einer guten Position, um mit diesen Entwicklungen umzugehen“, nicht zuletzt aufgrund der niedrigen Staatsschulden des Landes.

Handelspolitische Verhandlungen in Aussicht?

Trotz der angespannten Lage gibt es erste Anzeichen für mögliche Verhandlungen. US-Handelsbeauftragter Jamieson Greer wird dem Finanzausschuss des Senats am Dienstag mitteilen, dass fast 50 Länder Gespräche über Trumps umfassende Zölle angefragt haben. Laut Medienberichten werden mehrere dieser Länder, darunter Argentinien, Vietnam und Israel, vorschlagen, ihre eigenen Zölle und nichttarifären Handelshemmnisse zu senken.

US-Finanzminister Scott Bessent betonte in einem CNBC-Interview, dass die Zollverhandlungen das Ergebnis von Anfragen anderer Länder seien, nicht von fallenden Finanzmärkten. Er bezeichnete Chinas Eskalation als „großen Fehler“ und kündigte an, dass Präsident Trump persönlich in die Handelsverhandlungen eingebunden sein werde.

Die Märkte versuchen weiterhin zu verstehen, ob die Trump-Regierung die Zölle – die einen Mindestsatz von 10% für alle US-Importe und gezielte Sätze von bis zu 50% umfassen – dauerhaft erheben oder als Druckmittel bei Verhandlungen mit Handelspartnern einsetzen will. Trump selbst sagte am Montag, „beides kann wahr sein“.

Inflationssorgen und geldpolitische Implikationen

Analysten von Citigroup erwarten, dass die US-Güterpreise von April bis September 2025 „breit ansteigen“ werden, nachdem Trumps umfassende Zölle in Kraft getreten sind. Dies würde zusammen mit früheren handelspolitischen Maßnahmen zu einem Anstieg des effektiven Gesamtzollsatzes um etwa 19 Prozent führen – ein Wert, der „größer als erwartet“ sei und noch steigen könnte, wenn in den kommenden Tagen und Wochen sektorale Zölle angekündigt werden.

Morgan Stanley hat seine Prognose für das US-Wirtschaftswachstum erneut gesenkt und rechnet nun mit einem „starken Anstieg“ der Inflation, wobei mögliche Störungen durch Trumps Zollagenda als Begründung angeführt werden. Die Analysten erwarten, dass das reale US-Bruttoinlandsprodukt 2025 nur um 0,8 Prozent und 2026 um 0,7 Prozent wachsen wird – deutlich weniger als die zuvor prognostizierten 1,5 bzw. 1,2 Prozent.

Die Inflationsrate dürfte zum Jahresende bei 3,4 Prozent (Headline PCE) bzw. 3,9 Prozent (Kern-PCE) liegen, was etwa einen vollen Prozentpunkt über den bisherigen Erwartungen liegt. Die Arbeitslosenquote könnte auf 4,9 Prozent steigen, da die Unsicherheit über den Kurs von Trumps Zollpolitik das Geschäftsvertrauen und die Einstellungsbereitschaft belastet.

Die Sorgen vor steigender Inflation zeigen sich auch in anderen Ländern. In Chile stieg die Inflationsrate im März auf 4,9 Prozent im Jahresvergleich und lag damit über dem Zielkorridor der Zentralbank von 2 bis 4 Prozent. Die chilenische Zentralbank hatte bei ihrer März-Sitzung den Leitzins bei 5 Prozent belassen und in ihrem Statement betont, dass dies aufgrund der globalen Unsicherheit und der „erheblichen Risiken für die Inflationsaussichten“ die einzige Option sei.

Auswirkungen auf die Geldpolitik

Die Befürchtungen, dass die aggressiven US-Zölle die Inflation anheizen und das globale Wachstum behindern könnten, haben zu einer verstärkten Einpreisung von Zinssenkungen durch die US-Notenbank Federal Reserve geführt. Händler rechnen bis Dezember mit mehr als 96 Basispunkten an Zinssenkungen, was drei vollständig eingepreiste Senkungen um je 25 Basispunkte und eine 84-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine vierte derartige Senkung bedeutet.

Ein wichtiger Inflationsindikator steht am kommenden Donnerstag mit der Veröffentlichung der Verbraucherpreise an, der weitere Hinweise auf die Inflationsentwicklung geben könnte. Die Kombination aus erhöhtem Inflationsdruck durch Zölle und einer sich verlangsamenden Wirtschaft stellt die Fed vor ein Dilemma, das die Geldpolitik in den kommenden Monaten prägen dürfte.

Rüstungsausgaben nehmen zu

Inmitten der Handelsspannungen verstärken NATO-Mitglieder ihre Verteidigungsbemühungen. Spanien kündigte am Dienstag an, seine Verteidigungsausgaben in diesem Jahr um zusätzliche 2,08 Milliarden Euro (2,28 Milliarden Dollar) zu erhöhen, indem Mittel für Beschaffungsverträge des Verteidigungsministeriums umgeschichtet werden. Unter den 32 NATO-Mitgliedern hat Spanien mit nur 1,3 Prozent die niedrigsten Verteidigungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt.

Das Land hatte sich verpflichtet, das NATO-Ziel von 2 Prozent bis 2029 zu erreichen, obwohl Madrid kürzlich versprochen hatte, das Ziel deutlich vor diesem Jahr zu erreichen – ohne einen neuen Zeitplan zu nennen. „Der Wille der Regierung ist es, [das 2%-Ziel] so schnell wie möglich zu erreichen“, sagte Regierungssprecherin Pilar Alegria nach einer Kabinettssitzung.

Ausblick

Während die globalen Märkte versuchen, sich von den jüngsten Verlusten zu erholen, bleibt die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der US-Handelspolitik bestehen. Die Kombination aus Handelsspannungen, Inflationssorgen und geopolitischen Risiken dürfte die Volatilität an den Finanzmärkten in den kommenden Monaten erhöhen.

Morgan Stanley-Analysten fassen die Situation treffend zusammen: „Unser Narrativ zu Jahresbeginn war ‚langsameres Wachstum, hartnäckigere Inflation.‘ In unseren März-Revisionen änderte sich unser Narrativ zu ‚langsameres Wachstum, festere Inflation‘. Jetzt liegt unser Narrativ eindeutig im Bereich ’noch langsameres Wachstum und stark anziehende Inflation‘.“

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