Die US-Wirtschaft zeigt zunehmend Anzeichen von Belastung, während gleichzeitig Trumps Handelspolitik die globalen Märkte in Aufruhr versetzt. Experten warnen vor einer möglichen Rezession, nachdem Capital Economics für das erste Quartal 2025 eine annualisierte Kontraktion des BIP um 1,9% prognostiziert hat. Diese pessimistische Einschätzung basiert auf einem unerwarteten Anstieg der Warenimporte im Januar um mehr als 10% im Monatsvergleich, wobei Unternehmen versuchten, neuen Zöllen zuvorzukommen.
Patrick Harker, Präsident der Philadelphia Federal Reserve, unterstrich diese Sorgen kürzlich: „Die Arbeitslosigkeit ist zwar noch niedrig und wir verzeichnen noch Wachstum, aber es gibt Bedrohungen. Wir beginnen zu sehen, dass das Vertrauen sowohl bei Verbrauchern als auch Unternehmen nachlässt.“ Besonders beunruhigend für die Wirtschaftsexperten ist, dass nach einem Rückgang des realen Konsums um 0,5% im Januar kein Anzeichen einer Erholung im Februar zu erkennen war.
Arbeitsmarkt: Widersprüchliche Signale
In einem scheinbaren Widerspruch zu den Rezessionsängsten zeigen die jüngsten Arbeitsmarktdaten eine überraschende Robustheit. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung fiel in der letzten Februarwoche unerwartet deutlich auf saisonbereinigt 221.000, während Analysten mit 235.000 Anträgen gerechnet hatten. Diese Zahlen deuten auf einen stabilen Arbeitsmarkt im Februar hin, obwohl Experten vor kommenden Turbulenzen durch Einfuhrzölle und tiefe Kürzungen bei Staatsausgaben warnen.
Ein beunruhigendes Gegengewicht bilden jedoch die massiven Stellenstreichungen quer durch Europa. Seit Jahresbeginn 2025 haben zahlreiche europäische Großkonzerne signifikante Personalkürzungen angekündigt. ThyssenKrupp plant, rund 1.800 Arbeitsplätze aufgrund der anhaltenden Schwäche im Automobilsektor abzubauen. Der Logistikkonzern DHL kündigte am 6. März an, etwa 8.000 Stellen in Deutschland zu streichen, um mehr als eine Milliarde Euro einzusparen. Diese Entwicklung könnte ein Vorbote für ähnliche Trends in den USA sein.
Handelspolitik schürt Unsicherheit
Die Handelspolitik der Trump-Administration wirkt sich bereits deutlich auf internationale Handelsströme aus. Kanada verzeichnete im Januar einen Handelsüberschuss von 3,97 Milliarden kanadischen Dollar (2,76 Milliarden US-Dollar) – mehr als doppelt so hoch wie im Dezember und ein 32-Monats-Rekord. Dieser Anstieg wurde maßgeblich durch die Befürchtung neuer US-Zölle getrieben, die kanadische Unternehmen zu vorgezogenen Exporten veranlasste, insbesondere bei Fahrzeugen und Energieprodukten.
Trumps Ankündigung von 25-prozentigen Zöllen auf fast alle kanadischen Exporte hat die Handelsbeziehungen zum nördlichen Nachbarn belastet. Nach einer Vergeltungsmaßnahme von Premierminister Trudeau drohte Trump mit weiteren Zollerhöhungen. Am 6. März gewährte er Autoherstellern eine einmonatige Ausnahme von den Zöllen, sofern sie die Bedingungen des Freihandelsabkommens zwischen Kanada, den USA und Mexiko einhalten.
Diese handelspolitische Verunsicherung belastet nicht nur internationale Handelspartner, sondern auch die heimische Wirtschaft. „Statt Käufe vor erwarteten Preiserhöhungen vorzuziehen, ziehen Verbraucher stattdessen die Hörner ein und entscheiden sich für vorsorgliches Sparen angesichts der befürchteten weiteren schädlichen Phase hoher Inflation“, erklären Analysten von Capital Economics zur aktuellen Konsumzurückhaltung in den USA.
Haushaltskrise verschärft wirtschaftliche Unsicherheit
Parallel zu den Handelsspannungen eskaliert der Streit um US-Auslandshilfen. Die Trump-Administration hat nahezu alle Auslandshilfeverträge der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) gekündigt und über 58 Milliarden Dollar an weltweiter US-Hilfe eingefroren. Diese Maßnahmen haben globale humanitäre Hilfsaktionen in Chaos gestürzt und gefährden die Lieferung lebenswichtiger Nahrungsmittel und medizinischer Hilfe.
Der Oberste Gerichtshof hat zwar am 5. März mit 5:4 Stimmen eine Notanordnung eines Bundesrichters bestätigt, die die Administration zur umgehenden Freigabe von Mitteln an Auftragnehmer für bereits geleistete Arbeit verpflichtet. Dieser Fall ist einer von mehreren, bei denen das höchste US-Gericht Trumps Machtansprüche zur Aussetzung oder Streichung vom Kongress bewilligter Mittel bremst. Richter Samuel Alito zeigte sich in seiner abweichenden Meinung „bestürzt“ über die Entscheidung.
Die Vereinten Nationen haben inzwischen 110 Millionen Dollar aus einem Notfallfonds freigegeben, um vernachlässigte Krisen weltweit zu unterstützen. Tom Fletcher, UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, kommentierte: „Für Länder, die von Konflikten, Klimawandel und wirtschaftlichen Turbulenzen erschüttert werden, bedeuten brutale Finanzierungskürzungen nicht, dass humanitäre Bedürfnisse verschwinden.“ Die UN prognostiziert, dass die Finanzierungsniveaus, die schon vor Trumps Anordnung im Januar rückläufig waren, in diesem Jahr auf ein Rekordtief fallen werden.
Technologiesektor als Hoffnungsträger
Inmitten der wirtschaftlichen Unsicherheit bietet der Technologiesektor einen Lichtblick. Der niederländische Chiphersteller AxeleraAI erhielt kürzlich einen EU-Zuschuss von bis zu 61,6 Millionen Euro (66 Millionen Dollar) zur Entwicklung eines Chips für Datenzentren. Diese Förderung ist Teil der EU-Bemühungen, die Wettbewerbslücke bei künstlicher Intelligenz gegenüber den USA und China zu schließen.
AxeleraAI-CEO Fabrizio Del Maffeo betonte im Interview: „Wir sind nicht hier, um Nvidia im Rechenzentrumsbereich, im Training, herauszufordern. Aber wenn das Netzwerk bereit ist und Sie es ausführen wollen, entwickeln wir eine Lösung, die extrem hohe Leistung liefern kann.“ Der neue „Titania“-Chip wird auf dem Open-Source-RISC-V-Standard basieren, der in der Automobilindustrie und in China als Alternative zu den von Intel und Arm dominierten Systemen an Bedeutung gewinnt.
Solche technologischen Entwicklungen könnten mittel- bis langfristig die wirtschaftliche Resilienz stärken, doch kurzfristig bleibt die Unsicherheit bestimmend. Die Bank of England berichtet in ihrer monatlichen Umfrage, dass britische Unternehmen in den kommenden 12 Monaten mit schnelleren Preiserhöhungen rechnen, während ihre Erwartungen für die Personalentwicklung aufgrund steigender Beschäftigungskosten zurückgegangen sind.
Ausblick: Zwischen Rezessionsangst und vorsichtigem Optimismus
Trotz der düsteren Prognose für das erste Quartal erwartet Capital Economics keine ausgewachsene Rezession in den USA und rechnet mit einer Erholung im zweiten Quartal. Das Geschäftsvertrauen zeige sich weiterhin widerstandsfähig, mit einem „kleinen Geschäftsoptimismus deutlich über dem Niveau vor den Wahlen“.
Patrick Harker von der Philadelphia Fed bleibt jedoch vorsichtig: „Obwohl die Inflation zurückgeht, bin ich besorgt, dass dieser Rückgang derzeit gefährdet ist.“ Er bezeichnet sich selbst als „erklärten Pragmatiker in Bezug auf Politik“ und meint, dass man „in hochgradig unsicheren Zeiten nicht sehr schnell in die eine oder andere Richtung geht.“
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beurteilen, ob die US-Wirtschaft in eine Rezession abrutscht oder den gegenwärtigen Gegenwind überstehen kann. Die Kombination aus Handelsspannungen, Haushaltsstreitigkeiten und geopolitischen Unsicherheiten stellt eine ernsthafte Herausforderung dar. Gleichzeitig deuten der robuste Arbeitsmarkt und die Innovationskraft im Technologiesektor darauf hin, dass die Wirtschaft noch über Widerstandskraft verfügt. Für Investoren und politische Entscheidungsträger bleibt das wirtschaftliche Umfeld jedoch außergewöhnlich komplex und unvorhersehbar.