Die US-Wirtschaft befindet sich Anfang 2025 in einer komplexen Übergangsphase, in der die Federal Reserve und das Finanzministerium unterschiedliche Wege zur Steuerung der Zinspolitik einschlagen. Während die Fed unter dem Eindruck einer robusten Wirtschaft und sinkender Inflation weitere Zinssenkungen plant, richtet das Finanzministerium seinen Fokus verstärkt auf die langfristigen Anleiherenditen.
Geldpolitische Weichenstellung der Fed
Die US-Notenbank sieht sich in einer günstigen Ausgangslage für weitere Zinssenkungen. Nach Einschätzung von Chicago-Fed-Präsident Austan Goolsbee hat sich die Wirtschaft bei Vollbeschäftigung eingependelt, während der Inflationsdruck nachlässt. Die Fed hält ihre Leitzinsen aktuell in einer Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent, nachdem sie Ende 2024 bereits einen vollen Prozentpunkt gesenkt hatte.
Allerdings mahnt Goolsbee zur Vorsicht: Die Unsicherheiten durch Handelskonflikte und politische Maßnahmen wie Zölle oder Einwanderungsbeschränkungen erfordern einen behutsameren Ansatz bei künftigen Zinssenkungen. „Je mehr Staub wir in die Luft werfen, der uns die Kalibrierung der tatsächlichen Bedingungen erschwert, desto mehr müssen wir abwarten“, betont der Fed-Präsident.
Treasury fokussiert auf Langfristzinsen
Parallel dazu verfolgt das US-Finanzministerium unter Secretary Scott Bessent eine neue Strategie mit Fokus auf die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen. Diese sind trotz der Fed-Zinssenkungen um mehr als 0,75 Prozentpunkte gestiegen. „Wenn der Präsident von niedrigeren Zinsen spricht, bezieht er sich auf die Rendite 10-jähriger Treasuries“, erläutert Bessent die Position der Regierung.
Die Entwicklung der langfristigen Anleiherenditen ist für die Wirtschaft von entscheidender Bedeutung, da sie die Kreditkosten für den 12,6 Billionen Dollar schweren US-Hypothekenmarkt und Unternehmenskredite in Höhe von 5,8 Billionen Dollar beeinflusst. Analysten warnen, dass ein Anstieg der 10-jährigen Rendite über 5 Prozent die wirtschaftspolitische Agenda der Regierung gefährden könnte.
Inflationsrisiken bleiben bestehen
Trotz der positiven Entwicklung bei der Kerninflation bleiben Risiken bestehen. BCA Research warnt, dass geplante Zölle und eine expansive Fiskalpolitik den Preisdruck erhöhen könnten. Große, unfinanzierte Steuersenkungen könnten die Inflationserwartungen nach oben treiben und Investoren zu höheren Renditeforderungen bei langfristigen Anleihen veranlassen.
Diese Faktoren könnten die Fed zwingen, die Zinsen länger auf erhöhtem Niveau zu halten als derzeit von den Märkten eingepreist. Die Kombination aus Handelspolitik und fiskalpolitischer Expansion könnte den Spielraum für Zinssenkungen im weiteren Jahresverlauf einschränken.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die divergierenden Ansätze von Fed und Finanzministerium zu einem kohärenten geldpolitischen Kurs zusammengeführt werden können. Dabei wird entscheidend sein, wie sich die Inflationsdynamik und die langfristigen Marktzinsen entwickeln.