US-Handelspolitik: Globale Alarmstimmung

Neue US-Zölle und innenpolitische Pläne verunsichern Märkte weltweit. Südkoreas Exporte brechen ein, Ölpreise sinken und China zeigt sich gelassen. Droht eine Rezession?

Kurz zusammengefasst:
  • Südkoreas Exporte erstmals seit drei Monaten rückläufig
  • Ölpreise unter Druck durch Handelskonflikt
  • China wartet ab, bevor es Gegenmaßnahmen ergreift
  • US-Republikaner ringen um Finanzierung von Trumps Agenda

Die globale Wirtschaft hält den Atem an. Neue US-Handelstarife und ein ambitioniertes innenpolitisches Gesetzespaket aus Washington senden Schockwellen durch die Märkte und schüren Ängste vor einer weltweiten Rezession. Von sinkenden Exportzahlen in Asien bis zu Nervosität an den Ölmärkten – die von der US-Politik ausgehende Unsicherheit wächst spürbar.

Direkte Handelsauswirkungen werden sichtbar

Die ersten harten Daten bestätigen die Befürchtungen: Südkoreas Exporte, ein wichtiger Frühindikator für den Zustand des Welthandels, dürften im April erstmals seit drei Monaten wieder geschrumpft sein. Eine Reuters-Umfrage unter Ökonomen prognostiziert einen Rückgang von 2,0% gegenüber dem Vorjahr, nach einem Plus von 3,0% im März. Ökonomen sehen hierin eine direkte Folge der von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle. "Die Auswirkungen der Zölle zeigen sich", kommentierte Stephen Lee von Meritz Securities. Chun Kyu-yeon von Hana Securities warnt: "Es besteht die Möglichkeit, dass die negativen Effekte der Zölle Realität werden."

Besonders betroffen sind laut Zolldaten der ersten 20 April-Tage die Auto- und Stahlindustrie mit Exportrückgängen von 6,5% bzw. 8,7%. Gleichzeitig fielen die Lieferungen in die USA um 14,3% und nach China um 3,4%. Lediglich der robuste Halbleitersektor, Südkoreas wichtigstes Exportgut, konnte mit einem Plus von 10,7% noch gegensteuern und verhinderte wohl einen noch stärkeren Gesamtrückgang. Die Aussichten bleiben jedoch eingetrübt, da weitere Zölle auf Autoteile und Halbleiter sowie der anhaltende Handelskonflikt zwischen den USA und China drohen.

Energie- und Rohstoffmärkte unter Druck

Die Sorgenfalten auf den Gesichtern der Händler vertiefen sich auch an den Rohstoffmärkten. Der Ölpreis geriet zu Wochenbeginn deutlich unter Druck, da Investoren angesichts des eskalierenden Handelskriegs zwischen den USA und China – den beiden größten Ölverbrauchern der Welt – ihre Erwartungen an das Nachfragewachstum zurückschraubten. Brent-Rohöl fiel unter 66 Dollar pro Barrel, US West Texas Intermediate (WTI) notierte um 62 Dollar.

Die Furcht vor einer globalen Rezession, angeheizt durch Trumps aggressive Handelspolitik, belastet die Stimmung. Analysten haben ihre Nachfrage- und Preisprognosen bereits deutlich gesenkt. Barclays reduzierte seine Prognose für Brent im Jahr 2025 um 4 Dollar auf 70 Dollar pro Barrel und verwies auf die Handelsspannungen sowie eine strategische Neuausrichtung der OPEC+, die zu einem Angebotsüberschuss von 1 Million Barrel pro Tag führen könnte. Einige Mitglieder des Kartells könnten im Juni sogar eine beschleunigte Produktionssteigerung vorschlagen. Gleichzeitig deuten erste Umfragen auf steigende US-Rohöllagerbestände hin, was den Preisdruck zusätzlich erhöht.

Internationale Reaktionen: Chinas Pokerface

Während die Märkte zittern, zeigt China demonstrative Gelassenheit – zumindest nach außen. Das Politbüro der Kommunistischen Partei versprach zwar Unterstützung für betroffene Unternehmen und Arbeiter, verzichtete aber auf die Ankündigung neuer, schuldenfinanzierter Konjunkturimpulse. Peking scheint darauf zu wetten, dass Washington im Zollstreit zuerst nachgibt, und will sich Flexibilität bewahren. "Es ist für Peking zu früh, um ‚all-in‘ zu gehen", analysiert Larry Hu von Macquarie.

Dabei läuft die chinesische Konjunkturstützung bereits auf höheren Touren. Im ersten Quartal stiegen die Staatsausgaben deutlich, was zum höchsten Haushaltsdefizit in einem ersten Quartal seit Beginn der Aufzeichnungen führte. Zudem emittierten Lokalregierungen massiv neue Anleihen, und die People’s Bank of China (PBOC) erhöhte die Kreditvergabe zur Stützung des Aktienmarktes. Politische Berater betonen, dass "politische Reserven" und "Notfallpläne" bereitstehen. „Der Zeitpunkt für neue Maßnahmen hängt davon ab, wie groß die Auswirkungen der Zölle sein werden", so ein Berater. Auch wenn weitere Zinssenkungen und Liquiditätsspritzen möglich sind, scheint die PBOC keine Eile zu haben, solange die genauen Auswirkungen der Tarife unklar sind. Ökonomen wie Ting Lu von Nomura sehen darin den Versuch, "Ruhe und Vorbereitung" zu signalisieren, warnen aber vor dem Risiko eines größeren Wirtschaftsschocks.

US-Innenpolitik: Der hohe Preis der Agenda

In Washington ringen die Republikaner derweil unter Hochdruck um die Finanzierung der umfassenden wirtschafts- und innenpolitischen Agenda von Präsident Trump. Bis zum 4. Juli soll ein wegweisendes Gesetzespaket stehen, das nicht nur die auslaufenden Steuersenkungen von 2017 verlängert, sondern auch Trumps Wahlversprechen wie Steuerbefreiungen für Trinkgelder und Überstunden, schärfere Grenzkontrollen, Abschiebungen sowie höhere Militärausgaben finanziert.

Allein die Verlängerung der Steuersenkungen würde laut unabhängigen Schätzungen über zehn Jahre 4,6 Billionen Dollar kosten. Zusammen mit den neuen Ausgaben könnte das Paket die US-Staatsschulden laut dem Committee for a Responsible Federal Budget um weitere 5,8 Billionen Dollar erhöhen. Finanzminister Scott Bessent zeigt sich optimistisch, dass das Paket dank Ausgabenkürzungen, höherem Wirtschaftswachstum und Einnahmen aus Deregulierung im Energiebereich sowie den umstrittenen Importzöllen gegenfinanziert werden kann.

Doch genau hier liegt die größte Hürde: die Einigung auf Ausgabenkürzungen. Um Hardliner zu gewinnen, wurde ein Sparziel von 2 Billionen Dollar über zehn Jahre vereinbart. Geplant sind massive Einschnitte bei Medicaid, dem Gesundheitsprogramm für Geringverdiener, sowie bei grünen Steuergutschriften und Mitteln für Bildung und Landwirtschaft. Allerdings regt sich Widerstand bei moderaten Republikanern in beiden Kammern des Kongresses, die negative Folgen für ihre Wahlkreise fürchten. Die knappen Mehrheitsverhältnisse machen die Verabschiedung zu einer Zitterpartie. "Das ist die größte Herausforderung", räumt der republikanische Abgeordnete Blake Moore ein. Die Demokraten kündigen bereits "aktiven legislativen Kampf" gegen die Pläne an.

Ausblick: Globale Unsicherheit bleibt hoch

Die kommenden Wochen dürften entscheidend werden. Gelingt es den US-Republikanern, ihre internen Differenzen zu überbrücken und das milliardenschwere Gesetzespaket zu schnüren? Und wie wird China auf die anhaltenden Handelsspannungen reagieren? Die globale Wirtschaft befindet sich in einem fragilen Zustand, gefangen zwischen politischem Kalkül und realwirtschaftlichen Bremsspuren. Analysten warnen vor wachsenden Rezessionsrisiken, sollte die US-Handelspolitik weiter eskalieren und die Finanzierung der ambitionierten US-Agenda auf wackligen Füßen stehen. Ob die globalen Bremsspuren in eine handfeste Rezession münden oder ob sich die Wolken über der Weltwirtschaft wieder lichten, bleibt vorerst offen. Die Nervosität an den Finanzmärkten dürfte bis auf Weiteres anhalten.

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