Trumps Zollpolitik bedroht Pharmabranche und globale Wirtschaft
Die geplante reziproke Handelsstrategie der Trump-Regierung beunruhigt Finanzmärkte weltweit, während Medikamentenimporte aus Europa besonders betroffen sein könnten.

- Medikamentenhandel zwischen EU und USA gefährdet
- Zolldrohungen als diplomatisches Druckmittel
- Baubranche spürt bereits Kostenbelastung
- Währungsmärkte reagieren mit Nervosität
Die internationale Finanzwelt blickt mit wachsender Sorge auf den 2. April 2025, wenn die Trump-Administration ihre angekündigte „reziproke Zollpolitik“ umsetzen will. US-Finanzminister Scott Bessent erläuterte jüngst, dass jedes Handelspartnerland einen individuellen Zollsatz basierend auf dessen eigenen Handelsbarrieren erhalten werde. „Für manche Länder könnte er recht niedrig sein, für andere recht hoch“, erklärte Bessent in einem Interview mit Fox Business Network.
Besonders besorgniserregend ist die Situation für die Pharmaindustrie, da wichtige Medikamente zwischen der EU und den USA gehandelt werden. Laut FDA-Importdaten aus 2023 und 2024 stammen zahlreiche in den USA weit verbreitete Arzneimittel aus europäischen Produktionsstätten. Betroffen sind unter anderem Blockbuster wie AbbVies Humira gegen Rheuma, Mercks Krebsimmuntherapeutikum Keytruda und Novo Nordisks Diabetes- und Adipositasmittel Ozempic und Wegovy, die in Ländern wie Deutschland, Irland und Dänemark hergestellt werden.
Zölle als Verhandlungsinstrument
Die Trump-Administration sieht die Zollandrohungen als Druckmittel. „Wir werden zu ihnen gehen und sagen: ‚Schaut, hier sind unsere Einschätzungen zu Zollniveaus, nicht-tarifären Handelshemmnissen, Währungsmanipulation, unfairer Finanzierung, Arbeitsunterdrückung – und wenn ihr damit aufhört, werden wir keine Zollmauer errichten'“, erläuterte Bessent die Strategie gegenüber Handelspartnern. Länder, die ihre Handelsbarrieren nicht reduzieren, würden mit höheren Zöllen konfrontiert, die die US-Wirtschaft, ihre Arbeitnehmer und Industrien schützen sollen.
Diese Handelspolitik trifft auf einen bereits angespannten globalen Wirtschaftskontext. In seiner Rede beim American Dynamism Summit kritisierte US-Vizepräsident J.D. Vance die Globalisierung scharf. Er bemängelte insbesondere zwei Fehlkonzeptionen: Erstens die Annahme, dass Produktion und Design geografisch getrennt werden könnten, und zweitens die Abhängigkeit von billigen Arbeitskräften, die er als „Krücke, die Innovation hemmt“ bezeichnete.
Auswirkungen auf den Wohnungsbau und Inflation
Die Zölle treffen die US-Wirtschaft bereits jetzt. Der US-Wohnungsbau erholte sich zwar im Februar mit einem Anstieg der Einfamilienhausbauten um 11,4% auf eine saisonbereinigte Jahresrate von 1,108 Millionen Einheiten, wie das Handelsministerium mitteilte. Doch steigende Baukosten durch Zölle und Arbeitskräftemangel bedrohen diese Erholung.
„Wir erwarten nicht, dass das Februar-Tempo der Baubeginne aufrechterhalten wird, da Bauunternehmer mit höheren Baukosten aufgrund von Zöllen und Arbeitskräftemangel konfrontiert sind und Käufer in einem unsichereren wirtschaftlichen Umfeld vorsichtiger werden“, sagte Nancy Vanden Houten, leitende US-Ökonomin bei Oxford Economics.
Die Importpreise stiegen im Februar um 0,4%, ebenso wie im Januar, und lagen 2,0% über dem Vorjahreswert. Besonders beunruhigend ist der Anstieg der Kernimportpreise um 0,4% nach einer Stagnation im Januar. Diese Daten deuten darauf hin, dass die Inflation trotz der bisherigen Zinssenkungen der Federal Reserve weiterhin ein Problem bleibt.
Währungsmärkte reagieren nervös
Die Unsicherheit über die künftige Handelspolitik beeinflusst auch die Devisenmärkte. Der Dollar stieg gegenüber dem Euro, nachdem der Deutsche Bundestag Pläne für massive Ausgabensteigerungen genehmigt hatte. Die europäische Währung fiel um 0,2% auf 1,0915 Dollar, nachdem sie zuvor auf 1,0954 Dollar gestiegen war, den höchsten Stand seit Oktober 2024.
„Es ist eine klassische ‚Gerüchte kaufen, Fakten verkaufen‘-Reaktion, was nicht allzu überraschend ist“, erklärte Michael Brown, Senior Research Strategist bei Pepperstone. Der Dollarindex legte zu, während die Renditen langfristiger US-Staatsanleihen stiegen.
Die Währungsmärkte bleiben vorsichtig, da mehrere potenzielle Katalysatoren – darunter die deutsche Abstimmung, Entwicklungen zu einem möglichen Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine sowie politische Ankündigungen großer Zentralbanken in den kommenden Tagen – die Händler zurückhaltend stimmen.
Geldpolitische Reaktionen weltweit
Zentralbanken weltweit stehen vor der Herausforderung, auf die veränderten Handelsbedingungen zu reagieren. Die US-Notenbank Federal Reserve, die am 18. und 19. März tagt, wird voraussichtlich den Leitzins in der Spanne von 4,25% bis 4,50% belassen, nachdem sie ihn seit September um 100 Basispunkte gesenkt hatte. Investoren erwarten, dass die Fed ihre Zinssenkungen im Juni fortsetzt, nachdem sie im Januar eine Pause eingelegt hatte.
In Russland mahnte Präsident Wladimir Putin vor einer zu restriktiven Geldpolitik. Bei einem Kongress der russischen Wirtschaftslobby warnte er: „Es ist wichtig, dass alles wie geplant abläuft und eine übermäßige Abkühlung wie in einer Kryotherapiekammer vermieden wird.“ Die russische Zentralbank hält ihren Leitzins derzeit bei 21%, dem höchsten Niveau seit über 20 Jahren, um die Inflation einzudämmen. Ökonomen erwarten, dass dieser Satz bei der anstehenden Entscheidung am Freitag beibehalten wird.
Versicherungsbranche als Lichtblick
Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten gibt es auch positive Nachrichten: Die US-Sach- und Unfallversicherungsbranche verzeichnete 2024 mit einem Nettozeichnungsgewinn von 22,9 Milliarden Dollar erstmals seit 2020 wieder einen Underwriting-Profit. Dies stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Verlust von 21,3 Milliarden Dollar im Jahr 2023 dar, wie ein neuer Bericht von AM Best zeigt.
Die Combined Ratio der Branche verbesserte sich deutlich um 5,0 Prozentpunkte auf 96,6 im Jahr 2024. Obwohl Katastrophenschäden konstant blieben und etwa 8,7 Punkte der Combined Ratio ausmachten, kompensierte ein Wachstum der verdienten Nettoprämien um 9,8% den Anstieg der entstandenen Schäden und Schadenregulierungskosten um 2,1%.
Verteidigungsausgaben steigen als Reaktion auf geopolitische Spannungen
Angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen erhöhen viele Länder ihre Verteidigungsausgaben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte zusätzliche Bestellungen von Rafale-Kampfflugzeugen an und plant Investitionen von fast 1,5 Milliarden Euro in einen Luftwaffenstützpunkt, um seine Staffeln mit modernster Nuklearraketentechnologie auszustatten.
„Wir haben nicht bis 2022 oder den Wendepunkt, den wir gerade erleben, gewartet, um zu entdecken, dass die Welt, in der wir leben, immer gefährlicher, immer unsicherer wird und dass dies erfordert, zu innovieren, aufzustocken und autonomer zu werden“, sagte Macron.
Diese Ankündigung erfolgt zeitgleich mit der Genehmigung einer massiven Erhöhung der Militärausgaben durch den Deutschen Bundestag. Beide Entwicklungen unterstreichen die wachsende Erkenntnis in Europa, dass angesichts der konfrontativeren Haltung der Trump-Administration gegenüber traditionellen westlichen Verbündeten die Verteidigungsausgaben erhöht und die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten verringert werden müssen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Trump-Administration ihre Zolldrohungen vollständig umsetzt oder ob die angedrohten Maßnahmen als Verhandlungshebel dienen, um Handelspartner zu Zugeständnissen zu bewegen. Für die globalen Märkte bleibt es eine Zeit erhöhter Unsicherheit, in der Unternehmen und Investoren ihre Strategien an die neue handelspolitische Realität anpassen müssen.