Trumps Zolloffensive erschüttert globale Finanzmärkte und Währungen

Die protektionistische Handelspolitik der USA bewirkt Währungsverschiebungen, wobei Investoren den Dollar meiden und sichere Anlagehäfen wie Yen und Franken bevorzugen.

Kurz zusammengefasst:
  • Dollarvertrauenskrise nach Zollankündigungen
  • Deutsche Exportwirtschaft unter besonderem Druck
  • Kapitalflucht in alternative Sicherheitswährungen
  • Diplomatische statt konfrontative Reaktionen einiger Länder

Die von US-Präsident Donald Trump verhängten weitreichenden Zölle haben die internationalen Finanzmärkte in Aufruhr versetzt und lösen tiefgreifende Verschiebungen im globalen Währungsgefüge aus. Der Dollar, traditionell ein sicherer Hafen in Krisenzeiten, erlebt eine beispiellose Vertrauenskrise, während Anleger in alternative sichere Häfen wie den japanischen Yen und den Schweizer Franken flüchten. Diese Entwicklung spiegelt die wachsende Sorge der Investoren wider, dass die protektionistische US-Politik nicht nur die Weltwirtschaft, sondern auch die amerikanische Konjunktur in eine Rezession stürzen könnte.

Dollarschwäche als Signal einer tieferen Krise

Am vergangenen Donnerstag erlebte der US-Dollar seinen stärksten Tagesverlust seit November 2022 und fiel um etwa 1,7%, nachdem Trump umfangreiche Zölle verhängt hatte. Diese ungewöhnliche Reaktion deutet auf einen Paradigmenwechsel hin: Statt wie in früheren Krisen in den Dollar zu flüchten, ziehen Investoren ihr Kapital aus US-Vermögenswerten ab. „Was wir heute sehen, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass sich die Struktur und Art der Beziehung des US-Dollars zu den globalen Märkten verändert hat“, erklärte Thierry Wizman, globaler Devisenstratege bei Macquarie in New York.

Die Erosion des Dollars als sicherer Hafen birgt erhebliche Risiken. Für Investoren, die in den vergangenen Jahrzehnten Billionen von Dollar in florierende US-Märkte investiert haben, könnte ein starker Dollarabsturz zu längerfristig höheren Zinssätzen führen. Gleichzeitig stellt die rapide Aufwertung anderer Währungen gegenüber dem Dollar eine Herausforderung für ausländische Zentralbanken dar, da teurere Exporte das Wirtschaftswachstum behindern könnten.

Deutsche Wirtschaft im Zangengriff der US-Zölle

Besonders Deutschland steht im Fokus der amerikanischen Zollpolitik. Obwohl die deutschen Exporte im Februar überraschend um 1,8% gestiegen sind – stärker als die prognostizierten 1,5% – deuten andere Wirtschaftsindikatoren auf zunehmende Probleme hin. Die Industrieproduktion fiel im selben Monat um 1,3%, deutlich stärker als der erwartete Rückgang von 0,8%. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lag die Produktion sogar 4,0% niedriger.

Die USA waren 2024 Deutschlands wichtigster Handelspartner mit einem Warenaustausch im Wert von 253 Milliarden Euro. Besonders auffällig war der Anstieg der deutschen Exporte in die USA um 8,5% im Februar, was auf vorgezogene Käufe in Erwartung der Trump-Zölle zurückzuführen ist. Die nun verhängten weitreichenden Einfuhrzölle werden die deutsche Industrie empfindlich treffen.

Nach Einschätzung von Capital Economics werden vor allem die chemische Industrie, Metallbranche, Maschinenbau und Automobilindustrie unter den US-Zöllen leiden, da der US-Markt in diesen Sektoren einen besonders hohen Anteil ausmacht. Zudem könnten höhere US-Zölle auf chinesische und andere asiatische Produkte zu einem Zustrom billigerer Importe führen, die deutsche Hersteller unterbieten könnten – ein Effekt, der potenzielle positive Auswirkungen niedrigerer Gas- und Energiepreise zunichte machen würde.

Flucht in sichere Häfen

Die Marktturbulenzen haben zu einer massiven Umschichtung in traditionelle Sicherheitswerte geführt. Der japanische Yen stieg am Montag um 0,63% auf 145,92 zum Dollar, nachdem er bereits in der Vorwoche um mehr als 2% zugelegt hatte. Der Schweizer Franken kletterte um mehr als 0,8% auf 0,8531 pro Dollar und baute damit seinen Vorwochengewinn von 2,3% weiter aus.

„Das große Thema war der Verkauf von USD/JPY, weil es ein guter Indikator für eine US-Rezession und für US-Renditen ist, und die US-Renditen sind eingebrochen“, erläuterte Brent Donnelly, Präsident des Marktanalyseunternehmens Spectra Markets. Gleichzeitig stürzten risikosensitive Währungen wie der australische Dollar auf ein Fünfjahrestief ab.

Die Schwäche des Dollars wird auch durch massive Kapitalabflüsse aus den USA verstärkt. Ausländische Investoren hatten ihre US-Vermögenswerte bis 2024 auf 62 Billionen Dollar aufgestockt, verglichen mit 13 Billionen Dollar ein Jahrzehnt zuvor. Nun scheint sich dieser Trend umzukehren: Während US-Aktien seit Jahresbeginn um 8% gefallen sind, verzeichneten deutsche und Hongkonger Aktien Zuwächse von jeweils rund 12%.

Globale diplomatische Reaktionen

Die internationale Gemeinschaft reagiert unterschiedlich auf die US-Zolloffensive. Während China mit Gegenzöllen von 34% auf alle US-Waren zurückgeschlagen hat, setzen andere Länder auf Diplomatie. Indonesiens Präsident Prabowo Subianto erklärte am Montag, sein Land strebe eine „faire und gleichberechtigte Beziehung“ zu den USA an und wolle den von der Trump-Administration verhängten Zollsatz von 32% auf diplomatischem Wege ansprechen.

„Wir werden auch Verhandlungen mit Amerika aufnehmen. Wir werden sagen, wir wollen eine gute Beziehung. Wir wollen eine faire Beziehung. Wir wollen eine gleichberechtigte Beziehung“, sagte Prabowo während einer Reisernte-Veranstaltung in Westjava. Jakarta hat angekündigt, eine hochrangige Delegation in die USA zu entsenden, anstatt mit Vergeltungsmaßnahmen zu reagieren.

Auch japanische Unternehmen haben Bedenken hinsichtlich der zunehmenden Unsicherheit in der US-Handelspolitik geäußert, wie aus einer Erklärung der Bank of Japan vom Montag hervorgeht. Die Sorgen beziehen sich auf die möglichen Auswirkungen dieser Unsicherheit auf die Gewinne und die Produktion der Unternehmen.

Ausblick: Paradigmenwechsel im globalen Finanzsystem?

Die Marktturbulenzen könnten einen tiefgreifenden Wandel in der globalen Finanzarchitektur einleiten. James Malcolm, Leiter der FX-Strategie bei UBS, sieht Ähnlichkeiten zwischen der aktuellen Situation und den mittleren 1980er Jahren vor dem Plaza-Abkommen, als die wirtschaftlich starken USA ihre wichtigsten Partner unter Druck setzten, sie bei der Schwächung des Dollars zu unterstützen, um die wachsenden US-Defizite zu verringern.

„Während wir eine andere Reihe von Ereignissen erleben werden, sollte der Effekt – dass der Dollar noch viel weiter fallen wird – derselbe sein“, prognostiziert Malcolm. Die Idee, dass die Trump-Administration ein „Mar-a-Lago-Abkommen“ – einen Ausgleich zur Schwächung des überbewerteten Dollars – durchsetzen könnte, gewinnt an Zugkraft, auch wenn sie unwahrscheinlich erscheint.

Die Händler haben ihre Wetten auf weitere Zinssenkungen der Federal Reserve in diesem Jahr drastisch erhöht, da sie davon ausgehen, dass die Notenbank aggressiver handeln müsste, um das Wachstum in der weltweit größten Volkswirtschaft zu stützen. Die Märkte preisen nun eine 55%ige Wahrscheinlichkeit für eine Fed-Zinssenkung im Mai ein, und die Futures deuten auf Zinssenkungen von mehr als 100 Basispunkten bis Dezember dieses Jahres hin.

Trotz der wachsenden Sorgen bleibt der Dollar fest als weltweit führende Reservewährung positioniert. Trump selbst hat erklärt, dass er diesen Status erhalten will und vor Versuchen gewarnt hat, ihn zu untergraben, während er gleichzeitig signalisierte, dass ein schwächerer Dollar gut für die Exporte wäre. Die Währung hat auch einen inhärenten Wettbewerbsvorteil: Sie wird von der weltgrößten Volkswirtschaft, den tiefsten Kapitalmärkten und einer etablierten Rechtsstaatlichkeit gestützt. Eine echte Alternative gibt es kurzfristig nicht.

„Das Problem ist, dass wir keine Alternative zum Dollar haben – und deshalb wird es schmerzhaft sein“, warnt Antonio Fatas, Makroökonom an der INSEAD Business School in Frankreich. „Ich glaube nicht, dass kurzfristig jemand gewinnt.“