Trumps Handelspolitik verunsichert Märkte und erhöht Rezessionsrisiken
Die neuesten handelspolitischen Maßnahmen der Trump-Regierung führen zu erheblichen Schwankungen an den Börsen und steigern die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Abschwungs.

- Globale Anleger reagieren nervös
- Zollpolitik verunsichert nordamerikanische Märkte
- Notenbanken unter Handlungsdruck
- Strategen empfehlen Umschichtung nach Europa
Die globalen Finanzmärkte zeigen sich zunehmend besorgt über die handelspolitische Richtung der Trump-Administration, während die Rezessionsrisiken in Nordamerika steigen. Besonders die chaotische Umsetzung der US-Zollpolitik hat in den vergangenen Wochen zu erheblichen Marktschwankungen geführt. Der S&P 500 hat seit Trumps Wahlsieg im November 2024 alle Gewinne wieder abgegeben, wobei der technologielastige Nasdaq Composite sogar mehr als 10% von seinem Dezember-Höchststand verloren hat und damit offiziell Korrekturterritorium erreicht hat.
Widersprüchliche Handelspolitik verunsichert Investoren
Die Trump-Administration hat Ende Februar zusätzliche Zölle von 20% auf chinesische Waren sowie 25% auf Importe aus Kanada und Mexiko angekündigt. Die meisten Zölle auf die nordamerikanischen Nachbarn wurden jedoch bis zum 2. April 2025 ausgesetzt, wenn Trump ein globales Regime reziproker Zölle für alle Handelspartner vorstellen will. Diese ständigen Ankündigungen, Drohungen und Rücknahmen haben zu einer beispiellosen Unsicherheit geführt.
„Der Grund für die fallenden Aktienkurse ist der Anstieg der Unsicherheit und die Befürchtung, dass diese Unsicherheit zu einer ganzen Reihe von negativen Folgen führen wird“, schrieben Analysten des Sevens Report in einer Mitteilung an ihre Kunden. Sie betonten jedoch, dass „es die Angst ist, die diesen Markt antreibt“, nicht tatsächlich schlechte Wirtschaftsdaten oder Unternehmensergebnisse.
Ökonomen warnen vor weitreichenden Folgen
Laut einer Reuters-Umfrage unter 74 Ökonomen aus Kanada, den USA und Mexiko ist das Rezessionsrisiko in allen drei nordamerikanischen Wirtschaften gestiegen. Jonathan Millar, leitender US-Ökonom bei Barclays in New York, erklärte dazu: „Angesichts dieser Unsicherheit und der fast stündlich neuen Ankündigungen ist unklar, wie das Umfeld aussehen wird. Es ist schwer zu leugnen, dass sich das Rezessionsrisiko intensiviert hat.“
Auch der Internationale Währungsfonds warnte am vergangenen Donnerstag, dass anhaltende US-Zölle erhebliche negative Auswirkungen auf Mexiko und Kanada haben würden. „Selbst wenn diese Zölle zurückgenommen werden, gibt es bereits jetzt reale, greifbare Auswirkungen“, sagte Claire Fan, leitende Ökonomin bei RBC in Toronto.
Bank of Canada reagiert mit Zinssenkung
Angesichts der Zollunsicherheiten und eines sich abschwächenden Arbeitsmarktes erwarten Analysten, dass die Bank of Canada am 12. März 2025 ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,75% senken wird. Carlos Capistran, Ökonom bei B of A Securities, und seine Kollegen prognostizieren eine begrenzte Forward Guidance von der kanadischen Zentralbank, da das aktuelle Klima der Zollunsicherheit, zusammen mit kontrollierter Inflation und einem schwachen Arbeitsmarkt, eine Zinssenkung wahrscheinlich machen.
Trotz eines robusten Wirtschaftswachstums von 1,5% im Jahr 2024, das sowohl über der Schätzung der Bank of Canada (1,3%) als auch der Prognose der Bank of America (1,2%) lag, stellen die von den USA am 4. März verhängten Zölle auf kanadische Importe ein erhebliches Abwärtsrisiko dar.
Fed bleibt aufgrund von Inflationsrisiken in Warteposition
Für die US-Notenbank Federal Reserve wird die Lage zunehmend kompliziert. Fast 70% der Ökonomen haben ihre Inflationsaussichten für 2025 für die weltgrößte Volkswirtschaft nach oben korrigiert. Rund 85% der Befragten gaben an, dass das kurzfristige Inflationsrisiko in den USA in Richtung höherer Preise tendiert.
Etwas mehr als die Hälfte der Ökonomen (56 von 102) erwarten, dass der Fed-Leitzins bis Mitte 2025 bei 4,25%-4,50% verharren wird. Die Zahl derer, die mindestens eine Zinssenkung im nächsten Quartal erwarten, ist auf 46 gesunken – im Februar waren es noch mehr als zwei Drittel.
Weißes Haus zwischen Optimismus und Marktsorgen
Kevin Hassett, wirtschaftlicher Berater des Weißen Hauses, zeigte sich trotz der Marktturbulenzen optimistisch. „Es gibt viele Gründe, äußerst bullish für die Wirtschaft zu sein“, sagte er in einem CNBC-Interview. Die Atlanta Federal Reserve hatte für das erste Quartal 2025 ein negatives BIP-Wachstum prognostiziert, was Hassett jedoch als „sehr temporäres Phänomen“ bezeichnete.
Hassett erwartet, dass das erste Quartal „knapp in den positiven Bereich rutschen wird“ und das zweite Quartal dann „abheben wird, wenn jeder die Realität der Steuersenkungen sieht“. Er wies Bedenken zurück, dass Verbraucher die Hauptlast der vorgeschlagenen Zölle tragen würden, und verwies darauf, dass US-amerikanischer Inhalt in vielen Fällen ausländischen Produzenten ermöglichen würde, Zölle zu vermeiden.
Internationale Reaktionen und Umschichtungen
Die Unsicherheit um die US-Handelspolitik hat auch zur Neubewertung von Anlagestrategien geführt. HSBC stufte am Montag US-Aktien auf „neutral“ herab und erhöhte gleichzeitig die Bewertung europäischer Aktien (ohne Großbritannien) von „untergewichten“ auf „übergewichten“.
„Es ist wichtig zu betonen, dass wir nicht negativ gegenüber US-Aktien eingestellt sind – aber taktisch sehen wir derzeit bessere Möglichkeiten anderswo“, sagte Alastair Pinder, globaler Aktienstratege bei HSBC. Michael Wilson, Aktienstratege bei Morgan Stanley, glaubt, dass der S&P 500 bis zur Jahresmitte um weitere 5% auf 5.500 Punkte fallen könnte, bevor er das Jahr bei etwa 6.500 Punkten beendet, was einem Aufwärtspotenzial von 12,7% gegenüber dem letzten Schlussstand des Referenzindex entspricht.
Ausblick bleibt ungewiss
Die ständig wechselnden handelspolitischen Signale machen Prognosen für Wachstum, Inflation und Zinsen äußerst schwierig. Einige Ökonomen arbeiten sogar mit dualen Szenarien – eines mit und eines ohne Zölle – haben aber wenig Überzeugung, welches wahrscheinlicher ist.
Auch die weiteren politischen Entwicklungen in den USA bleiben unklar, darunter Maßnahmen im Kongress zur Vermeidung eines Regierungsstillstands sowie separate Verlängerungen der US-Schuldenobergrenze und Steuersenkungen. Es besteht die Sorge, dass diese miteinander verflochtenen Narrative Haushalte und Unternehmen veranlassen könnten, abzuwarten und auf mehr Klarheit zu warten, was zu einem breiteren wirtschaftlichen Abschwung und einem Rückgang der Unternehmensgewinne führen könnte.
Analysten des Sevens Report betonen jedoch, dass dieses negative Szenario „keine beschlossene Sache“ sei, auch wenn es „richtig ist, bei diesem Markt vorsichtiger zu sein und sich auf anhaltende Volatilität einzustellen“. Für Anleger und Unternehmen dürfte die Fahrt in den kommenden Monaten jedenfalls turbulent bleiben.