Kurz zusammengefasst:
  • Europäische Wirtschaftsstrategien gegen US-Zollpolitik
  • Ungarns bilateraler Ansatz mit Amerika
  • Asiatische Exportmärkte besonders gefährdet
  • Währungsstreit verschärft Handelsbeziehungen

Die jüngsten Ankündigungen Donald Trumps zu US-Zöllen haben eine neue Ära der Handelsbeziehungen zwischen den USA und Europa eingeläutet. Die für März 2025 geplante Einführung von 25-prozentigen Zöllen auf EU-Waren könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die europäischen Volkswirtschaften haben, während einzelne Länder bereits Sonderabkommen anstreben. Besonders Ungarn positioniert sich mit einem wirtschaftlichen Kooperationspaket, das die negativen Effekte möglicher US-Zölle ausgleichen soll.

Ungarn sucht Sonderweg in drohender transatlantischer Handelskrise

Ungarns Premierminister Viktor Orbán hat am vergangenen Wochenende ein wirtschaftliches Kooperationspaket mit den USA angekündigt, das die ungarische Wirtschaft vor den Folgen einer möglichen Handelskonfrontation zwischen den USA und der EU schützen soll. „Ungarn wird Verluste erleiden, genau wie alle EU-Mitgliedstaaten. Wir kennen das Ausmaß noch nicht, aber wir können sicher sein, dass es passieren wird“, erklärte Orbán auf der Jahreskonferenz der Ungarischen Industrie- und Handelskammer. Der langjährige Unterstützer Trumps betonte, dass das Paket die bestehende politische Allianz zwischen beiden Ländern wirtschaftlich erweitern soll.

Die ungarischen Bemühungen um ein Sonderabkommen erfolgen, nachdem Trump angekündigt hatte, bald Zölle in Höhe von 25% auf Waren aus der EU zu verhängen. Der republikanische Präsident begründete diesen Schritt mit dem Vorwurf, die EU sei geschaffen worden, um den USA zu schaden. Bereits jetzt verhandeln ungarische Vertreter über die Erneuerung eines Steuerabkommens zwischen beiden Ländern, das von der vorherigen US-Regierung gekündigt worden war.

Europäische Wirtschaft zwischen Anpassung und Abwehrmaßnahmen

Die europäischen Staaten reagieren unterschiedlich auf die drohende Zollpolitik. Während Ungarn einen bilateralen Ausgleich sucht, verstärken andere EU-Mitglieder ihre Verteidigungsausgaben, um sich gegen die unsichere transatlantische Partnerschaft zu wappnen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte betonte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“: „Wir müssen mehr ausgeben, um uns zu schützen, und schnell unsere Verteidigungsproduktion auf beiden Seiten des Atlantiks hochfahren.“

Die Finanzexperten von UBS Global Research schätzen die Auswirkungen potenzieller US-Zölle auf Europa als erheblich ein. Ein 10-prozentiger Zoll auf europäische Waren könnte das EU-BIP im Jahr 2025 um 0,2% bis 0,75% reduzieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bereits ihre Wachstumsprognose für 2025 auf 0,9% nach unten korrigiert und rechnet mit einer weiteren Abschwächung, sollten die US-Zölle wie angekündigt umgesetzt werden.

Deutsche Parlamentarier bereiten unterdessen tiefgreifende Änderungen der staatlichen Kreditaufnahmeregeln vor, um einen 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds und die Verteidigungsfinanzierung zu sichern. EU-Führungskräfte haben sich zudem für gemeinsame Verteidigungsanleihen und eine Lockerung der strengen Haushaltsregeln im Verteidigungssektor ausgesprochen.

Asiens Export-Volkswirtschaften besonders gefährdet

Der Handelskonflikt wirkt sich nicht nur auf Europa aus, sondern betrifft auch Asien erheblich. Laut Analysten der Nomura-Bank macht Asien mit seinen deutlichen Handelsüberschüssen gegenüber den USA die Region zu einem Hauptziel für Handelsbeschränkungen. Unter den elf Ländern mit den größten Handelsdefiziten der USA befinden sich sieben asiatische Nationen: China, Vietnam, Taiwan, Japan, Südkorea, Indien und Thailand.

Besonders anfällig für die geplanten US-Zölle sind Halbleiter, Pharmazeutika, Stahl, Aluminium und möglicherweise Kupfer – Produkte, die 20,6% der asiatischen Exporte in die USA ausmachen. Korea, Japan, Malaysia, die Philippinen und Taiwan sind hier am stärksten exponiert. Nach Nomuras Berechnungen ist Vietnam mit 8,9% seines BIP, das mit Exporten in die USA verbunden ist, am stärksten betroffen, gefolgt von Taiwan, Thailand, Malaysia, Singapur und Südkorea.

Die asiatischen Politiker ergreifen bereits Maßnahmen, um die Risiken zu mindern. Viele erhöhen ihre Investitionen in den USA, senken Zölle auf US-Importe und diversifizieren ihre Handelspartnerschaften außerhalb der USA. Außerdem gibt es Bemühungen, die Lieferketten weiter von China weg nach Südostasien und Indien zu verlagern.

Japan unter Druck wegen angeblicher Währungsmanipulation

Neben Handelsstreitigkeiten hat Trump auch Japan und China beschuldigt, ihre Währungen absichtlich zu schwächen, was nach seiner Auffassung unfair gegenüber den USA sei. Der ehemalige Bank of Japan-Gouverneur Haruhiko Kuroda wies diese Vorwürfe zurück und betonte, dass Japan erhebliche Anstrengungen unternehme, um eine Schwächung des Yen zu verhindern, unter anderem durch Interventionen am Devisenmarkt.

„Die Bank of Japan führt die Geldpolitik nicht mit der Absicht, den Yen zu schwächen. Wenn es diesbezüglich Missverständnisse gibt, müssen diese ausgeräumt werden“, sagte Kuroda in einem Fernsehinterview. Er wies darauf hin, dass die BOJ bereits mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik begonnen hat und die Zinssätze im Januar auf 0,5% angehoben hat.

Der Yen erreichte im Juli einen 38-Jahres-Tiefstand von fast 162 zum Dollar, bevor er sich erholte und die Woche bei rund 148 Yen pro Dollar beendete. Japan hat in den Jahren 2022 und 2023 seltene Währungsmarktinterventionen durchgeführt, um den Yen zu stützen.

Wirtschaftliche Unsicherheit belastet globale Märkte

Die Unsicherheit über Trumps Handelspolitik beginnt bereits, sich in wirtschaftlichen Daten niederzuschlagen. Die US-Verbraucherausgaben sind gesunken, und die Stimmung unter US-Käufern ist auf ein 15-Monats-Tief gefallen. Neueste Daten zeigen, dass die US-Industrietätigkeit im Februar zwar relativ stabil geblieben ist, die gezahlten Preise jedoch in die Höhe geschnellt sind und Neuaufträge zurückgegangen sind.

Vor diesem Hintergrund könnte die Gesamtwirtschaft im ersten Quartal mit dem schnellsten Tempo seit der COVID-19-Pandemie schrumpfen, so eine Einschätzung der Federal Reserve Bank of Atlanta. Analysten der Academy Securities weisen darauf hin, dass der Bericht der Atlanta Fed eine „vorbeugende Reaktion“ von Unternehmen weltweit auf potenzielle US-Zölle widerspiegeln könnte.

Fed-Vorsitzender Powell betonte dennoch am Freitag, dass sich die US-Wirtschaft „weiterhin in einer guten Verfassung“ befinde, unterstützt durch anhaltende Fortschritte bei der Eindämmung der Inflation und beständige Arbeitsplatzgewinne. Seit September liegt das durchschnittliche Beschäftigungswachstum bei „soliden“ 191.000 pro Monat.

Langfristige Pandemienachwirkungen verschärfen wirtschaftliche Herausforderungen

Die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit wird durch die fortdauernden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zusätzlich belastet. Fünf Jahre nach der offiziellen Erklärung der WHO zur Pandemie sind deren Folgen für die Weltwirtschaft noch immer spürbar. Die globale Staatsverschuldung ist seit 2020 um 12 Prozentpunkte gestiegen, mit steileren Anstiegen in Schwellenmärkten.

Die durch die Pandemie ausgelösten Verschiebungen in den Arbeitsmärkten und im Verbraucherverhalten haben zu strukturellen Veränderungen geführt. Die Beteiligungsquote von Frauen am Arbeitsmarkt ist 2020 gesunken, hat sich aber seitdem leicht erholt. In London werden täglich etwa eine Million weniger Fahrten mit U-Bahnen und Bussen unternommen als vor der Pandemie, und die Leerstandsquoten in Büros haben in vielen Ländern Rekordhöhen erreicht.

Während sich einige Sektoren erholt haben – die Airline-Industrie erwartet für 2025 einen Nettogewinn von 36,6 Milliarden Dollar und eine Rekordzahl von 5,2 Milliarden Passagieren – bleiben andere Veränderungen bestehen, wie etwa die höheren Preise für Hotelzimmer, die in vielen Regionen die Inflation übertroffen haben und deutlich über dem Niveau von 2019 liegen.

Angesichts dieser komplexen globalen Wirtschaftslage navigieren europäische Regierungen und Unternehmen durch ein Umfeld, das von Trumps protektionistischer Handelspolitik, anhaltenden Nachwirkungen der Pandemie und regionalen Sicherheitsbedenken geprägt ist. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die europäischen Abwehrmaßnahmen und bilateralen Vereinbarungen wie die Ungarns ausreichen werden, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern.