Trumps Handelskrieg eskaliert: Globale Auswirkungen der neuen US-Zölle
Neue Handelsbarrieren lösen internationale Vergeltungsmaßnahmen aus und beeinflussen Inflationsaussichten, während Finanzmärkte auf mögliche Fed-Reaktionen spekulieren.

- Internationale Gegenmaßnahmen belasten Exportbranche
- Wachstumsrisiken für Wirtschaftsleistung prognostiziert
- Einzelhandel befürchtet Verbraucherpreissteigerungen
- Diplomatische Lösungsansätze in Entwicklung
Die von US-Präsident Donald Trump am 4. März 2025 in Kraft gesetzten Zölle haben eine Welle von Vergeltungsmaßnahmen ausgelöst und die Weltwirtschaft an den Rand eines umfassenden Handelskriegs gebracht. China, Kanada und Mexiko haben umgehend mit eigenen Zöllen reagiert, nachdem die USA die Einfuhrabgaben auf chinesische Waren auf 20 Prozent verdoppelt und neue 25-prozentige Zölle auf Importe aus Kanada und Mexiko erhoben haben.
Globale Vergeltungsmaßnahmen treffen US-Wirtschaft
Die Reaktionen der betroffenen Handelspartner fielen schnell und entschlossen aus. China hat Zusatzzölle von 10 bis 15 Prozent auf amerikanische Agrarprodukte angekündigt, die ab dem 10. März gelten und etwa 21 Milliarden Dollar an US-Exporten betreffen werden. Besonders US-Weizen, Mais, Sojabohnen und Schweinefleisch sind davon betroffen. Darüber hinaus hat Beijing Export- und Investitionsbeschränkungen gegen 25 US-Unternehmen verhängt und eine Klage bei der Welthandelsorganisation eingereicht.
Kanada kündigte unter Premierminister Justin Trudeau eigene 25-prozentige Zölle auf US-Waren im Wert von etwa 20 Milliarden Dollar an, die unter anderem amerikanisches Bier, Bourbon, Wein, Orangensaft und Haushaltsgeräte betreffen werden. Sollten die US-Zölle länger als 21 Tage in Kraft bleiben, droht Kanada mit weiteren Abgaben auf amerikanische Waren im Wert von 86 Milliarden Dollar.
Besonders symbolträchtig ist Ontarios Ankündigung, eine 25-prozentige Exportsteuer auf Elektrizität zu erheben, die an etwa 1,5 Millionen Haushalte in Minnesota, Michigan und New York geliefert wird. Der Provinzführer Doug Ford warnte, Ontario sei bereit, die Stromexporte vollständig einzustellen, falls Trump am 2. April weitere Zölle einführen sollte.
Auswirkungen auf Inflation und Fed-Politik
Die neuen Handelsspannungen könnten die US-Notenbank Federal Reserve vor ein Dilemma stellen. Während steigende Zölle zunächst inflationär wirken könnten, sehen Analysten von Citi die Wachstumsrisiken als das größere Problem. „Angesichts der engen Verflechtung der Lieferketten in den USMCA-Ländern – insbesondere in der Automobilindustrie – dürften Zölle, die länger als ein oder zwei Wochen bestehen bleiben, erhebliche Auswirkungen auf das Wachstum haben“, schreiben die Citi-Analysten.
Die US-Fahrzeugproduktion macht etwa 2,5 Prozent des realen BIP aus, und selbst eine kurzzeitige Unterbrechung könnte laut Citi das annualisierte BIP-Wachstum um einen Prozentpunkt verringern. Dies kommt zu einem Zeitpunkt, an dem wirtschaftliche Indikatoren bereits Warnsignale senden. Das GDPNow-Modell der Atlanta Fed prognostiziert für das erste Quartal 2025 einen Rückgang des realen BIP um 2,8 Prozent.
US-Finanzminister Scott Bessent betonte indes, die Trump-Administration konzentriere sich auf die „Main Street“ statt auf die „Wall Street“ und wolle die Wirtschaft neu ausbalancieren, um Produktionsarbeitsplätze zurückzuholen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass chinesische Hersteller die Zölle absorbieren würden, ohne die Preise für amerikanische Verbraucher zu erhöhen.
Deregulierung als möglicher Ausgleich
Während die Handelsspannungen zunehmen, gibt es parallel Bestrebungen der US-Regierung, die Finanzregulierung zu lockern. Fed-Chef Jerome Powell hat dem Kongress im vergangenen Monat mitgeteilt, dass es Zeit sei, die ergänzende Verschuldungsquote (SLR) zu lockern, die Banken dazu verpflichtet, Kapital gegen Investitionen unabhängig von ihrem Risiko zu halten und diese Institutionen effektiv davon abhält, US-Staatsanleihen zu halten.
Eine Reduzierung der SLR würde den Banken erhebliche zusätzliche Kapazitäten in ihren Bilanzen verschaffen und es ihnen ermöglichen, risikoarme Vermögenswerte wie US-Staatsanleihen hinzuzufügen, ohne Kapital zur Deckung potenzieller Verluste bereitstellen zu müssen. Diese Aussicht hat am Anleihemarkt zu vermehrten Wetten auf sogenannte „Swap Spread Widener“ geführt – Positionen, die darauf setzen, dass die Nachfrage nach US-Staatsanleihen steigen und deren Renditen sinken werden.
Finanzminister Bessent betonte, dass die sinkenden Zinssätze eine der größten Errungenschaften der Trump-Administration seien. „Seit dem Wahltag und seit der Amtseinführung sind die Hypothekenzinsen dramatisch gesunken, sowohl das Niveau der 10-jährigen Anleihe als auch der Spread zwischen der 10-jährigen Anleihe und den Hypothekenzinsen, was meiner Meinung nach ein Effekt der Bankenderegulierung ist, die wir durchführen werden“, sagte er.
Unternehmen warnen vor Preiserhöhungen
Große US-Einzelhändler wie Best Buy und Target haben bereits vor möglichen Preiserhöhungen für amerikanische Verbraucher gewarnt. Best Buy, für den China und Mexiko die wichtigsten Bezugsquellen sind, sah seine Aktien im vorbörslichen Handel um 1,3 Prozent fallen, da die Sorgen über die Zölle positive Ergebnisse im wichtigen Weihnachtsquartal überschatteten.
Target-CEO Brian Cornell erklärte in einem CNBC-Interview, dass die Preise für Saisonprodukte wie Avocados in den nächsten Tagen steigen könnten, da das Unternehmen bei diesen Kategorien stark von Lieferungen aus Mexiko abhängig sei. „Wenn es einen 25-prozentigen Zoll gibt, werden diese Preise steigen… sicherlich im Laufe der nächsten Woche“, sagte Cornell.
Der US-Handelsverband USCBC begrüßte zwar Trumps Ziel, gegen den illegalen Handel mit Fentanyl vorzugehen, erklärte aber, dass die Erhöhung der Zölle auf chinesische Produkte nicht der richtige Weg sei, um dieses Ziel zu erreichen. „Pauschale Zölle werden US-Unternehmen, Verbrauchern und Landwirten schaden und unsere globale Wettbewerbsfähigkeit untergraben“, sagte der Verbandspräsident Sean Stein in einer Erklärung.
Diplomatische Bemühungen um Entschärfung
Großbritanniens Finanzministerin Rachel Reeves äußerte sich trotz der eskalierenden Lage hoffnungsvoll bezüglich eines möglichen Handelsabkommens mit den USA. „Ich denke, es gibt allen Grund, hoffnungsvoll zu sein, eine Art Handelsabkommen zu erreichen“, sagte sie auf einer Konferenz des Industrieverbandes Make UK in London. Sie warnte jedoch, dass ein solcher Deal „Geben und Nehmen auf beiden Seiten“ erfordern würde.
Reeves räumte ein, dass Großbritannien selbst bei Vermeidung direkter US-Zölle indirekt betroffen sein werde: „Es ist absolut der Fall, dass wir selbst dann, wenn keine Zölle auf Großbritannien angewendet werden, von einem langsameren globalen Handel, einem langsameren BIP-Wachstum und einer höheren Inflation betroffen sein werden, als es sonst der Fall wäre.“
Nach einem Treffen zwischen dem britischen Premierminister Keir Starmer und Trump in Washington in der vergangenen Woche hatte der US-Präsident auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt, dass die beiden Länder über ein bilaterales Handelsabkommen verhandelten, das US-Zölle vermeiden könnte.
Ausblick: Handelskrieg 2.0?
Analysten bezeichnen die aktuellen Entwicklungen als „frühe Tage von Handelskrieg 2.0“ und warnen vor den wirtschaftlichen Folgen. „Es ist fair zu sagen, dass wir in den frühen Tagen von Handelskrieg 2.0 sind“, sagte Even Pay, eine Landwirtschaftsanalystin bei Trivium China, und fügte hinzu, dass noch Zeit bleibe, einen langwierigen Handelskrieg zu vermeiden, falls Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping eine Einigung erzielen könnten.
Der chinesisch-amerikanische Handelskrieg könnte jedoch auch Drittländern zugutekommen. Seit dem ersten Handelskonflikt während Trumps erster Amtszeit hat Beijing daran gearbeitet, seine Abhängigkeit von amerikanischen Agrargütern zu verringern, indem es die heimische Produktion angekurbelt und mehr aus Ländern wie Brasilien importiert hat. Gleichzeitig könnten US-Agrarexporteure ihre Bemühungen verstärken, den chinesischen Markt zu ersetzen, indem sie mehr nach Südostasien, Afrika und Indien liefern.
Goldman Sachs schätzt, dass die Zölle auf Kanada und Mexiko die Kernverbraucherpreise in den USA um 0,6 Prozent anheben könnten, während die zusätzlichen Abgaben auf China die Preise um 0,1 Prozent steigen lassen könnten. Diese Aussicht, dass Trumps handelspolitischer Kurs den Inflationsdruck wieder anfacht, ist ein zentrales Anliegen für die Federal Reserve, die signalisiert hat, dass sie bei künftigen potenziellen Zinssenkungen vorsichtig vorgehen wird.