Kurz zusammengefasst:
  • Aktienmärkte erleiden deutliche Verluste
  • Notenbank steht vor geldpolitischem Dilemma
  • Währungen wie Yen und Franken gewinnen
  • Kanadas Wirtschaft besonders gefährdet

Die Finanzwelt blickt besorgt auf die Ausweitung des globalen Handelskonflikts unter US-Präsident Donald Trump, der mittlerweile zu erheblichen Marktturbulenzen und wachsenden Rezessionsängsten führt. Die Wallstreet verzeichnete am Montag einen massiven Ausverkauf, wobei der Nasdaq Composite fast 4 Prozent verlor und damit in eine Korrekturphase eintrat. Der S&P 500 gab um 2 Prozent nach und liegt nun rund 8 Prozent unter seinem Allzeithoch vom 19. Februar 2025.

Trumps Zollpolitik verunsichert Investoren

Die Märkte reagieren zunehmend nervös auf Trumps Handelspolitik, die mittlerweile nicht nur China, sondern auch Kanada und Mexiko ins Visier nimmt. Der US-Präsident hatte kürzlich eine „Übergangsphase“ angekündigt, in der Zölle auf chinesische Waren von 10 Prozent im Februar auf 20 Prozent im März verdoppelt wurden. Diese kommen zu den bereits bestehenden Zöllen von bis zu 25 Prozent aus Trumps erster Amtszeit hinzu.

China hat inzwischen mit eigenen Gegenmaßnahmen reagiert und zusätzliche Zölle von 10-15 Prozent auf bestimmte US-Importe erhoben. Die Volksrepublik reichte zudem Beschwerde bei der Welthandelsorganisation ein. Besorgniserregend für Investoren: Trump kündigte in seiner Rede vor dem Kongress letzte Woche an, dass ab dem 2. April weitere „reziproke Zölle“ und nicht-tarifäre Maßnahmen folgen werden.

„Die Trump-Administration scheint die Idee zu akzeptieren, dass sie mit fallenden Märkten leben kann und potenziell sogar eine Rezession in Kauf nimmt, um ihre übergeordneten Ziele zu erreichen. Das ist ein großer Weckruf für die Wall Street“, erklärt Ross Mayfield, Investmentstratege bei Baird.

Terminmärkte erwarten rasche Zinssenkungen

Angesichts der wirtschaftlichen Risiken durch die Handelskonflikte preisen die Terminmärkte mittlerweile drei Zinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve für 2025 ein – im Juni, Juli und Oktober. Die erste Zinssenkung wird für Juni vollständig eingepreist, wobei Anleger insgesamt von Zinssenkungen um 75 Basispunkte in diesem Jahr ausgehen.

Die Fed steht vor einem Dilemma: Einerseits könnten die durch Zölle angetriebenen Preise die Inflation anheizen, was gegen Zinssenkungen sprechen würde. Andererseits droht eine Abschwächung des Arbeitsmarktes aufgrund der Handelsspannungen, was für Zinssenkungen sprechen würde. Fed-Chef Jerome Powell betonte am vergangenen Freitag, dass die Zentralbank nicht in Eile sei, die Zinsen zu senken, da der Arbeitsmarkt weiterhin stark und die Inflation auf einem holprigen Weg in Richtung des 2-Prozent-Ziels sei.

Ökonomen von Goldman Sachs haben ihre US-Wachstumsprognose bereits auf 1,7 Prozent gesenkt und gleichzeitig ihre Inflationsprognose angehoben – ein Szenario, das die Fed vor schwierige Entscheidungen stellt.

Importvolumen auf Rekordhoch, aber Sorge wächst

Interessanterweise verzeichneten die US-Containerhäfen im Februar mit mehr als 2,2 Millionen TEU (20-Fuß-Standardcontainer) das zweithöchste Importvolumen für diesen Monat, was einem Anstieg von 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Besonders die Einfuhren aus China stiegen um 7,9 Prozent, wie der Technologieanbieter für Lieferketten, Descartes, am Montag mitteilte.

Diese robusten Importzahlen sind teilweise auf die Bevorratung von Unternehmen zurückzuführen, die Waren vor dem Inkrafttreten höherer Zölle einführen wollen. „Die globalen Handelsbedingungen werden angesichts neuer und potenzieller US-Zolländerungen inmitten eskalierender Handelsspannungen mit mehreren Ländern eindeutig schwieriger“, erklärt Jackson Wood, Direktor für Industriestrategie bei Descartes.

Konsumentenstimmung und Wirtschaftsaussichten trüben sich ein

Die New Yorker Fed berichtete am Montag, dass Amerikaner im Februar zunehmend besorgt über die wirtschaftlichen Aussichten waren, obwohl ihre Inflationserwartungen weitgehend stabil blieben. Die Bank stellte fest: „Die Haushalte äußerten sich pessimistischer über ihre finanziellen Situationen im kommenden Jahr, während die Erwartungen bezüglich Arbeitslosigkeit, Zahlungsrückständen und Kreditzugang sich deutlich verschlechterten.“

Laut dem Bericht stieg die erwartete Wahrscheinlichkeit einer höheren Arbeitslosigkeit in einem Jahr auf den höchsten Stand seit September 2023. Befragte schätzten zudem die Chancen, freiwillig einen Job zu kündigen, geringer ein und gaben an, dass es schwieriger sein würde, neue Arbeit zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, künftige Schuldenrückzahlungen zu verpassen, stieg auf den höchsten Stand seit April 2020, besonders bei Personen unter 40 Jahren und ohne Hochschulabschluss.

Dollar schwächelt, Yen und Franken profitieren

Die Unsicherheit an den Märkten schwappt auch auf den Devisenmarkt über. Der US-Dollar schwächte sich am Montag gegenüber dem japanischen Yen um 0,76 Prozent auf 146,91 ab und erreichte zeitweise 146,63 – den tiefsten Stand seit Anfang Oktober letzten Jahres. Gegenüber dem Schweizer Franken verlor der Dollar 0,06 Prozent auf 0,879 und markierte damit den niedrigsten Stand seit Anfang Dezember.

„Im Moment haben wir viele individuelle Geschichten, wie in Europa, wo die starke Bewegung des Euro durch potenzielle Erhöhungen der Staatsausgaben und die Wahrscheinlichkeit, dass die Europäische Zentralbank etwas hawkischer sein könnte als geplant, angetrieben wurde“, erklärt Eugene Epstein, Leiter für Handel und strukturierte Produkte für Nordamerika bei Moneycorp in New Jersey.

Auf den Währungsterminmärkten haben Anleger ihre Netto-Long-Positionen im Dollar seit Januar deutlich reduziert – von einem Neunjahreshoch von 35,2 Milliarden Dollar auf nun 15,3 Milliarden Dollar. „Zwischen den Zeilen gelesen, scheint mir, dass die Trump-Administration eindeutig einen schwächeren Dollar will, unabhängig davon, was sie offiziell sagt oder nicht“, fügt Epstein hinzu.

Kanada besonders gefährdet durch US-Zollpolitik

Besonders dramatisch könnte sich die Situation für Kanada entwickeln. Der kanadische Dollar schwächte sich um 0,33 Prozent gegenüber dem Greenback auf 1,4415 C$ pro Dollar ab. Mit dem ehemaligen Zentralbanker Mark Carney als neuem Premierminister steht Kanada vor einer direkten Konfrontation mit der Trump-Administration in Handelsfragen.

ING-Ökonom James Knightly erwartet, dass die Bank of Canada am 12. März die Zinsen um weitere 25 Basispunkte senken wird – trotz eines unerwartet starken BIP-Wachstums von 2,6 Prozent im vierten Quartal 2023. Die Daten für Januar deuten jedoch auf eine Rückkehr zum vorherigen Trend schwachen Wachstums hin.

Die Auswirkungen der US-Zölle auf kanadische Exporte könnten verheerend sein, da 76 Prozent der kanadischen Ausfuhren – 20 Prozent des kanadischen BIP – für die USA bestimmt sind. Kanada hat bereits Zölle auf US-Produkte im Wert von 30 Milliarden Kanadischen Dollar erhoben, was die Preise für Orangensaft, Haushaltsgeräte und Motorräder erhöhen wird.

Ausblick bleibt unsicher

Während die Märkte und Wirtschaftsexperten die weiteren Entwicklungen abwarten, bleibt die Unsicherheit hoch. Fed-Gouverneur Christopher Waller sieht die Fed noch auf Kurs für Zinssenkungen und misst Umfragedaten weniger Bedeutung bei als Marktpreisen. „Die Märkte preisen keine ernsthaften langfristigen Inflationsrisiken ein“, sagte er, und die Auswirkungen der Zölle würden „als Preiseffekt behandelt“, der nicht sehr groß sei.

Für die kommenden Monate werden Anleger besonders auf die Inflationsdaten achten, die am Mittwoch veröffentlicht werden, sowie auf die Signale der Fed bei ihrer nächsten Sitzung. Die Kombination aus Handelskonflikten, Inflationssorgen und Rezessionsängsten stellt sowohl für Investoren als auch für politische Entscheidungsträger eine außergewöhnliche Herausforderung dar.