Trump gibt Fed-Chef Powell die Schuld – Beziehung eskaliert

US-Präsident Trump droht mit Entlassung von Notenbankchef Powell und kritisiert dessen Zinspolitik scharf. Experten sehen rechtliche Hürden und Marktrisiken.

Kurz zusammengefasst:
  • Trump wirft Powell zu zögerliche Zinssenkungen vor
  • Rechtliche Unsicherheit über mögliche Entlassung
  • Experten warnen vor Marktturbulenzen
  • Konflikt belastet Unabhängigkeit der Fed

Der Druck auf US-Notenbankchef Jerome Powell wächst. Präsident Donald Trump hat seine Kritik am Fed-Vorsitzenden in den vergangenen Tagen deutlich verschärft und sogar mit dessen Entlassung gedroht. "Wenn ich ihn loswerden will, ist er blitzschnell weg, glaubt mir", erklärte Trump gegenüber Reportern. Der Präsident wirft Powell vor, "immer zu spät und falsch" zu handeln und die Zinssätze nicht schnell genug zu senken.

Die Spannungen zwischen dem Weißen Haus und der eigentlich unabhängigen Zentralbank erreichen damit einen neuen Höhepunkt. Trump nutzte seine Plattform Truth Social, um Powell als "typisches Durcheinander" zu bezeichnen und forderte Zinssenkungen nach dem Vorbild der Europäischen Zentralbank: "Zu spät hätte er die Zinsen längst senken müssen, aber er sollte sie definitiv jetzt senken."

Rechtliche Hürden für eine Entlassung

Die Frage, ob Trump den Fed-Vorsitzenden überhaupt entlassen kann, ist rechtlich umstritten. Powells aktuelle Amtszeit läuft bis Mai 2026, und obwohl der Präsident den Fed-Chef ernennt, ist eine vorzeitige Absetzung ohne triftigen Grund nach geltendem Recht fraglich. "Es ist unwahrscheinlich, dass der Präsident versuchen würde, Powell zu entlassen. Es ist fragwürdig, ob er überhaupt die rechtliche Befugnis dazu hat", erklärte Tom Bruce, Makro-Anlagestratege bei Tanglewood Total Wealth Management.

Powell selbst hat wiederholt betont, dass die Unabhängigkeit der Federal Reserve gesetzlich geschützt ist. "Unsere Unabhängigkeit ist eine Frage des Gesetzes", sagte er kürzlich. Eine Entlassung aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zur Zinspolitik wäre ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der US-Notenbank und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer juristischen Auseinandersetzung führen. Laut Berichten des Wall Street Journal ist Powell sogar bereit, einen entsprechenden Rechtsstreit persönlich zu finanzieren.

Trumps Justizministerium versucht allerdings bereits, einen 90-jährigen Rechtspräzedenzfall zu kippen, der Regulierungsbeamte, darunter auch Fed-Mitglieder, vor Entlassung aufgrund von politischen Meinungsverschiedenheiten schützt. Ein Erfolg in diesem Verfahren könnte die rechtliche Position Powells schwächen.

Wirtschaftliche Hintergründe des Konflikts

Der Streit zwischen Trump und Powell hat handfeste wirtschaftliche Ursachen. Trumps umfangreiche Zollpolitik droht die Preise in den USA anzuheiben, während die Fed bereits mit einer Inflation zu kämpfen hat, die über ihrem Zielwert von 2% liegt. Dies stellt die Zentralbank vor ein Dilemma: Zinssenkungen könnten zwar die Wirtschaft stützen, aber wenn die Inflation hartnäckig hoch bleibt, könnten solche Maßnahmen nach hinten losgehen.

"Die Fed befindet sich bereits in einer schwierigen Situation", sagte Tom Graff, Chief Investment Officer bei Facet Wealth. "Jede Maßnahme, die sie ergreift, wird etwas politisch erscheinen. Trumps verstärkter politischer Druck wird sie nur ermutigen, ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren."

Wirtschaftsberater Kevin Hassett bestätigte am Freitag, dass der Präsident und sein Team die Möglichkeit einer Entlassung Powells "weiterhin prüfen" werden. Diese Aussage unterstreicht den Ernst der Lage und deutet auf anhaltende Spannungen zwischen dem Weißen Haus und der Notenbank hin.

Mögliche Marktreaktionen und globale Auswirkungen

Eine Entlassung des Fed-Vorsitzenden würde wahrscheinlich erhebliche Marktturbulenzen auslösen und das globale Vertrauen in die Stabilität der US-Geldpolitik erschüttern. "Der US-Dollar würde wahrscheinlich unter erheblichen Druck geraten, während Gold sowohl vom Vertrauensverlust als auch von der möglichen lockeren Geldpolitik profitieren würde", erklärte Bruce.

Felix Vezina-Poirier, ein Stratege bei BCA Research, warnt: "Die Entlassung Powells würde wahrscheinlich nach hinten losgehen, indem sie die langfristigen Staatsanleiherenditen in die Höhe treibt, was der erklärten Präferenz der Regierung für niedrigere Renditen widerspricht."

Der Konflikt um Powell steht beispielhaft für die zunehmenden Spannungen zwischen der Trump-Regierung und traditionellen Institutionen. Ähnliche Auseinandersetzungen gibt es aktuell mit renommierten Universitäten wie Harvard, von denen die Regierung umfangreiche Daten über ausländische Finanzierung angefordert hat.

Internationale Dimensionen der US-Politik

Während Trump innenpolitisch den Druck auf die Fed erhöht, zeigt sich seine Regierung in internationalen Fragen zunehmend polarisierend. Bei einem Treffen mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gab es eine gemeinsame Erklärung gegen "diskriminierende" Steuern auf digitale Dienste – ein Schritt, der als Abkehr Roms von einer Abgabe gesehen werden kann, die darauf abzielt, US-Technologieriesen wie Google, Meta, Apple und Amazon zu besteuern.

In der Ukraine-Krise zeigt sich die US-Regierung hingegen überraschend optimistisch. Vizepräsident JD Vance erklärte am Freitag in Rom: "Wir sind optimistisch, dass wir diesen sehr brutalen Krieg hoffentlich beenden können." Diese Aussage erfolgte nur Stunden nachdem US-Außenminister Marco Rubio erklärt hatte, Präsident Trump würde sich innerhalb weniger Tage aus den Vermittlungsbemühungen zurückziehen, wenn es keine klaren Anzeichen für eine mögliche Einigung gebe.

Ausblick für die US-Geldpolitik

Unabhängig vom unmittelbaren Ausgang des Konflikts zwischen Trump und Powell wird der Präsident die Möglichkeit haben, die Federal Reserve langfristig zu prägen, wenn Powells Amtszeit 2026 endet. Diese künftige Ernennung könnte ihm dauerhaften Einfluss auf die US-Geldpolitik verschaffen.

"Was nach dem Ende seiner Amtszeit passiert, ist viel schwieriger vorherzusagen, und es wird erheblich davon abhängen, wer als Nächstes ernannt wird", sagte Bruce. Die wichtigste Erkenntnis aus der Auseinandersetzung zwischen Trump und Powell ist jedoch klar: Die Geldpolitik kann eine aggressive Wirtschaftsstrategie nicht vollständig ausgleichen.

Experten sind sich einig, dass Trump seine engsten wirtschaftlichen Berater wahrscheinlich vor dem "Marktchaos" warnen, das eine Entlassung Powells verursachen könnte. Stattdessen könnte es für den Präsidenten vorteilhafter sein, einfach das Ende von Powells Amtszeit abzuwarten und dann einen Nachfolger nach seinen Vorstellungen zu ernennen.

Die Unabhängigkeit der Zentralbank bleibt ein Grundpfeiler des modernen Finanzsystems – eine Tatsache, die selbst der mächtigste Mann der Welt nur unter erheblichem Risiko ignorieren kann.

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