Kurz zusammengefasst:
  • Grünen blockieren 500-Milliarden-Euro-Fonds
  • Globale Börseneinbrüche verschärfen Unsicherheit
  • US-Wachstumsprognosen deutlich reduziert
  • Handelspolitische Spannungen belasten Märkte

Die politischen Verhandlungen in Deutschland um eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung stehen im Spannungsfeld zunehmender globaler Marktturbulenzen. Friedrich Merz, der designierte Bundeskanzler, sieht sich mit einem entscheidenden Hindernis konfrontiert: Die Grünen blockieren seinen Plan für einen 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds und weitreichende Reformen der Schuldenbremse.

Grüne Opposition gegen „Schuldenorgie“

„Wir werden uns nicht erpressen lassen“, erklärte Franziska Brantner, Co-Vorsitzende der Grünen, am Montag. Die Partei fordert ihre Abgeordneten auf, gegen Merz‘ Vorschläge zu stimmen, die ohne Unterstützung der Grünen im scheidenden Parlament nicht verabschiedet werden können. Stattdessen brachte die Grünen-Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf ein, der Ausgaben für „verteidigungs- und sicherheitspolitische Aufgaben“ oberhalb von 1,5% des BIP von der Schuldenbremse ausnehmen würde – wobei der Sicherheitsbegriff breiter gefasst ist als bei Merz und auch nachrichtendienstliche Fähigkeiten, Auslandshilfe und IT-Sicherheit umfasst.

Die Ablehnung der Grünen könnte einen Ausgabenboom verhindern, der die Märkte bereits in Aufregung versetzt hatte. Nach zwei Jahren wirtschaftlicher Kontraktion steht viel auf dem Spiel für Deutschlands Fähigkeit, Wachstumsimpulse zu setzen und angeschlagene Industrien zu unterstützen.

Globale Marktturbulenzen nehmen zu

Die Abwärtsspirale an den US-Börsen, die in den letzten Wochen durch Wachstumssorgen und Furcht vor Handelskriegen aufgrund von Trumps Zollpolitik an Fahrt aufgenommen hatte, verwandelt sich zunehmend in einen Erdrutsch. Die drei wichtigsten US-Indizes fielen am Montag zwischen 2% und 4%, wobei Tech-Unternehmen und Großbanken zu den größten Verlierern zählten. Der Nasdaq verzeichnete mit 4% den stärksten Tagesverlust seit zweieinhalb Jahren.

Diese Entwicklung hat auch den deutschen Aktienmarkt nicht verschont. Der DAX schloss am Montag mit einem Minus von 1,7%, wobei besonders Unternehmen wie Siemens Energy und Heidelberg Materials, die von der Ankündigung des Finanzpakets in der Vorwoche profitiert hatten, mit Verlusten von 9,1% bzw. 4,2% zu den größten Verlierern zählten.

US-Finanzminister Scott Bessent bezeichnet die aktuelle Phase als „Entgiftungsperiode“ für die Wirtschaft, und selbst Präsident Trump schloss in einem Fox News-Interview eine Rezession nicht aus. Der als „Trump-Bump“ bekannte Börsenaufschwung nach seinem Wahlsieg ist längst Geschichte: Der S&P 500 notiert inzwischen unter dem Niveau vor dem 5. November und ist seit seinem Höchststand im Februar um fast 10% gefallen – nahe der offiziellen Korrekturzone.

Unsicherheit im Energiesektor

Inmitten dieser Marktturbulenzen deutete US-Energieminister Chris Wright an, dass der kürzlich eingeführte Zoll auf Ölimporte aus Kanada möglicherweise bereits im nächsten Monat abgeschafft werden könnte. Auf der CERAWeek-Konferenz in Houston sprach Wright von einem „sehr aktiven Dialog“ zwischen den USA, Kanada und Mexiko, warnte jedoch, dass es „noch zu früh sei“, um ein Ergebnis vorherzusagen.

Die Trump-Administration plant zudem, die Erdgasproduktion und -exporte anzukurbeln, was die Genehmigung neuer Gaspipelines in Regionen wie Alaska und Neuengland sowie die Bewilligung von Exportgenehmigungen für Erdgas ins Ausland umfasst. Während der CERAWeek-Konferenz unterzeichnete Wright eine Genehmigungsverlängerung für ein Flüssigerdgas-Exportterminal in Louisiana, die vierte LNG-bezogene Genehmigung der Regierung in ihren ersten 50 Tagen.

Finanzmärkte in Aufruhr: Volatilität steigt

Die Volatilität an den Finanzmärkten hat in diesem Jahr den höchsten Stand erreicht, angetrieben durch die chaotische Umsetzung von Trumps protektionistischer Handelspolitik. Die implizite Volatilität im S&P 500, gemessen am VIX-Index – der sogenannte Angstindex der Wall Street – ist nun so hoch wie seit der Zinssenkung der Fed im Dezember nicht mehr. Der VIX hat sich im letzten Monat fast verdoppelt, und am Montag stieg der Dreimonats-VIX auf den höchsten Stand seit August.

Auch der „MOVE“-Index der impliziten Volatilität am US-Staatsanleihenmarkt erreicht den höchsten Stand seit vier Monaten, was besonders bemerkenswert ist, da dies mit einer Rally bei US-Staatsanleihen und nicht mit einem Ausverkauf am Anleihemarkt und steigenden Renditen einhergeht.

Analysten von JP Morgan führen diese Unterdrückung der Volatilität auf die Bereitschaft von Privatanlegern zurück, bei Kursrückgängen zu kaufen, was einen „beständigen Sicherheitsanker“ für Aktien bietet, sowie auf den Anstieg „passiver“ Aktienanlagen gegenüber „aktivem“ Management und die Stärke der Bilanzen von Investoren und Unternehmen.

Sie weisen darauf hin, dass US-Aktien-ETFs seit dem Höchststand des S&P 500 am 19. Februar nur einen Tag mit Nettoabflüssen verzeichnet haben. Die kumulativen Zuflüsse in diesem Zeitraum überstiegen 30 Milliarden Dollar, was dazu beigetragen hat, den breiteren Marktverfall zu begrenzen.

Wirtschaftliche Aussichten verdüstern sich

Die wirtschaftlichen Aussichten verdüstern sich rapide. Ökonomen von Morgan Stanley haben ihre BIP-Wachstumsprognose für 2025 gerade von 1,9% auf 1,5% gesenkt, und Ökonomen von Goldman Sachs haben ihre von 2,4% auf 1,4% reduziert. Diese Wachstumsraten unter dem Trend dürften die aktuellen Aktienbewertungen kaum stützen können.

In diesem Zusammenhang hat auch Delta Air Lines seine Gewinnprognose für das laufende Quartal bis März gesenkt und verweist auf die zunehmende makroökonomische Unsicherheit. Das Unternehmen erwartet nun einen Gewinn pro Aktie zwischen 30 und 50 Cent, verglichen mit den im Januar prognostizierten 70 Cent bis 1 Dollar. Analysten hatten im Durchschnitt einen Quartalsgewinn von 86 Cent pro Aktie erwartet.

US-Schatzmarkt im Fokus

Mark T. Uyeda, amtierender Vorsitzender der US-Börsenaufsicht SEC, betonte in seiner Rede vor der Jahreskonferenz des Institute of International Bankers (IIB) die Bedeutung der US-Staatsanleihenmärkte für das globale Finanzsystem. Er wies darauf hin, dass ausländische Investoren seit den Anfängen der Republik bedeutende Beiträge zur US-Staatsverschuldung geleistet haben. Bis 1803 hielten europäische Investoren die Hälfte der ausstehenden Bundesschulden, und bis Juni 2023 befand sich ein Drittel der marktfähigen US-Staatsschulden in ausländischem Besitz.

Die Rolle des US-Staatsanleihenmarkts als sicherer Hafen in Zeiten von Marktturbulenzen und die Funktion der Treasury-Zinssätze als grundlegender Maßstab für die Preisbildung anderer Finanzanlagen unterstreichen seine zentrale Bedeutung im globalen Finanzsystem.

Ausblick: Weitere Volatilität erwartet

Während die politischen Verhandlungen in Deutschland weitergehen und die globalen Märkte auf die US-Handelspolitik reagieren, dürfte die Volatilität hoch bleiben. Die Expertenmeinungen deuten darauf hin, dass die aktuelle „Entgiftungsphase“ der Wirtschaft, wie US-Finanzminister Bessent sie nennt, noch nicht abgeschlossen ist.

In diesem Umfeld wird die Fähigkeit von Merz, einen Kompromiss mit den Grünen zu finden, entscheidend sein, um die notwendigen Investitionen zur Stärkung der deutschen Wirtschaft und Verteidigungsfähigkeit zu ermöglichen. Der designierte Bundeskanzler hat die Dringlichkeit betont, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, und nach seinem Wahlsieg im vergangenen Monat gewarnt, dass es für Europa „fünf vor zwölf“ sei angesichts eines feindlichen Russlands und eines unzuverlässigen US-Partners.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die internationalen Märkte eine Phase der Beruhigung erleben oder ob die aktuellen Turbulenzen erst der Anfang einer längeren Periode erhöhter Volatilität sind.