Hat DeepSeek die KI-Blase angestochen?
von Sven Weisenhaus
Zum Wochenbeginn ist ein sprichwörtlicher Tsunami über die Börsen hinweggerollt. Bereits in der Nacht gingen die Futures am Aktienmarkt mit einer Abwärtslücke an den Start. Anschließend setzte eine Abwärtsbewegung ein, die crashartige Züge annahm. Beim Dow Jones hielt sie bis kurz nach dem Beginn des Xetra-Handels an. Dabei büßte der Index im Tief relativ moderate 1,25 % ein, während der Nasdaq 100 dagegen sogar noch bis zur Mittagszeit schwächelte und im Tief um dramatische 5,2 % einbrach. In beiden Fällen setzte eine V-förmige Erholung ein, doch vor allem für den Nasdaq 100 hatte der Kurseinbruch charttechnische Konsequenzen, mit denen so nicht zu rechnen war.
Nasdaq 100: Diverse bullishe Signale ausradiert
Im Chartanalyse-Dienst „Target-Trend-Spezial“, in dem der Nasdaq 100 regelmäßig analysiert wird, war zu folgendem Chart gestern zu lesen, dass sich der Technologieindex nach der ABCDE-Korrektur (rote Buchstaben) bis über die Rechteckgrenze bei 21.800 Punkten und somit die Hochs der Wellen D und B zurückarbeiten konnte. Damit wurde der bullishe Charakter der Korrektur bzw. Konsolidierung bestätigt. Somit war das Ende der Konsolidierung und eine Fortsetzung des vorherigen Aufwärtstrends wahrscheinlich.
„Doch gestern ist der Technologieindex mit einer riesigen Abwärtslücke und hohen Kursverlusten in die neue Woche gestartet. Damit wurde ein Großteil der Kurserholung abgegeben. Dadurch muss man mit einer Fortsetzung der Konsolidierung oder gar Ausweitung der Korrektur rechnen“, so meine Warnung an die Leser.
War das Chartbild am Freitag also noch klar bullish, so hat der vorgestrige Kurseinbruch die bullishen Signale ausradiert, die mit dem Anstieg über „die Rechteckgrenze bei 21.800 Punkten und somit die Hochs der Wellen D und B“ gesendet wurden.
DeepSeek lehrt den US-Big Techs das Fürchten
Über die Gründe für das Kursdesaster hat Bernd Raschkowski seine Leser der Börsenbriefe „Allstar-Trader“ und „HighTech-Trader“ vorgestern schon informiert. Zitat: „In China soll es dem Startup DeepSeek gelungen sein, einen KI-Chatbot zu trainieren, der mit einem Bruchteil der Chip-Leistung im Verhältnis zu den bestehenden Programmen aus Amerika auskommt. Das KI-Modell ist damit zu niedrigeren Kosten verfügbar und soll teilweise sogar bessere Ergebnisse geliefert haben als zum Beispiel OpenAI/ChatGPT.“
Zudem wird dieses Modell kostenlos und quelloffen (open source) angeboten, worüber auch unser Partner Stock3 vorgestern im Newsletter „Stock3 weekly“ schon berichtet hat.
Warum reagierten die Börsen erst jetzt?
Es ist nur etwas kurios, dass die Börsen erst vorgestern auf diese Informationen reagiert haben. Denn das Model (DeepSeek-R1) wurde bereits am 20. Januar veröffentlicht, also schon am Tag von Trumps Vereidigung. Und wie man liest, berichtete das Unternehmen DeepSeek schon im vergangenen Monat, dass das Training seines Models weniger als 2 Monate gedauert hat. Laut Stock3 benötigte Metas Llama-3-Modell, das zudem kleiner ist, 11 Mal so viele GPU-Stunden. Außerdem: „Entwicklungskosten von DeepSeek R1: schlappe 5,6 Mio. USD!“, so Stock3 weiter. Das steht im Vergleich zu den 100 Millionen Dollar, die bislang für solche Modelle veranschlagt wurden. Denn DeepSeek kam mit der Rechenleistung von weniger leistungsfähigen und somit kostengünstigen Nvidia-H800-Chips aus. „Statt 16 bis 100 TSD GPUs wie in dieser Leistungsklasse üblich, nutzte Deepseek für das Training angeblich nur 2048 H800-GPUs von Nvidia“, heißt es im Stock3 weekly.
Warum also erst jetzt diese Kursreaktionen? Auch dafür findet sich eine Begründung: Eine mit diesem Modell betriebene App wurde über das vergangene Wochenende zum meistgeladenen bzw. bestbewerteten iPhone-Download in den USA. Und dadurch hat es offenbar erst die Aufmerksamkeit der Medien und auch der Anleger erregt, die am vorgestrigen Montag entsprechend darauf reagiert haben.
Milliarden-Investitionen der großen US-Konzerne werden in Frage gestellt
Denn nun werden die vielen Milliarden-Investitionen der großen Tech-Konzerne in Frage gestellt, ebenso wie die hohen Bewertungen der Technologieunternehmen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass ich erst am Mittwoch vergangener Woche schrieb, dass die Investitionen, bei denen man zuletzt von 500 Milliarden US-Dollar sprach (Stargate-Projekt), „für die Unternehmen zunächst hohe Kosten sind, von denen unklar ist, ob überhaupt, und wenn ja, wann und in welcher Höhe sie sich auszahlen“ (siehe „KI lässt Aktienkurse weiterhin explodieren“).
Stock3 formulierte passend dazu nun unter anderem folgende Fragen:
- Warum viele Milliarden in die Entwicklung stecken, wenn es offensichtlich auch viel billiger geht, und zwar mit aus heutiger Sicht eigentlich veralteter Hardware?
- Was heißt das für die extrem hohen Preise der KI-Top-Chips, werden KI-Modelle jetzt zum billigen Massenphänomen und damit auch die Chips günstiger?
- Sind die Aktien der KI-Unternehmen deswegen deutlich überbewertet?
Doch es gibt auch (berechtigte?) Zweifel. Stock3 schreibt diesbezüglich: „Man muss natürlich dazu sagen, dass die sagenhafte Effizienz auf Angaben des Unternehmens basiert. Man kann nicht ausschließen, dass z.B. hinsichtlich der Zahl der benutzten GPUs geschwindelt wurde. Insofern ist ein wenig Skepsis angebracht.“
In einem anderen Artikel auf Stock3.de findet sich dazu allerdings ein wie ich finde sehr wichtiger Satz: „Ob das stimmt oder nicht, spielt keine Rolle. Die Angst ist jetzt da, dass Meta, Microsoft & Co. die effizienten Routinen kopieren und so künftig viel weniger Geld für Rechenzentren ausgeben müssen.“ Und so könnte es nun sein, dass DeepSeek die KI-Blase angestochen hat.
KI-Blase: Nvidia stellt den nächsten Rekord auf
Wie sehr diese Blase aufgepumpt ist, hat wieder einmal Nvidia gezeigt, indem das Unternehmen den nächsten Rekord aufgestellt hat, diesmal allerdings erneut einen negativen. Mit seinem vorgestrigen Kurssturz um letztlich rund 17 % haben sich fast 600 Milliarden US-Dollar Börsenwert in Luft aufgelöst (exakt 592,7). Das ist der größte Tagesverlust, den ein Unternehmen an der Wall Street je hinnehmen musste.
Und dieser Verlust ist doppelt so hoch wie der bisherige Rekordwert, den – wie sollte es auch anders sein – Nvidia im vergangenen September aufgestellt hatte.
Die Kursschwankungen der Nvidia-Aktie (sowie anderer Big Techs) sind dabei weiterhin atemberaubend und haben mit der fundamentalen Entwicklung des Unternehmens rein gar nichts mehr gemein. Zur Erinnerung: Nvidia erzielt bislang weit weniger als 200 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr (2024e: 129 Milliarden, 2025e: 194 Milliarden). Vorgestern wurde also weit mehr als der 3-fache Jahresumsatz des Unternehmens an Börsenwert vernichtet. Aber immerhin sind noch 2,9 Billionen Dollar übrig, die sich noch zu einem Großteil in Wohlgefallen auflösen können, bis eine halbwegs „normale“ Börsenbewertung erreicht ist, wenn die Blase platzt.
Wo wäre der S&P 500 ohne Nvidia?
Was das für den S&P 500 bedeuten könnte, verdeutlichen die folgenden Zahlen, über die ich gestern gelesen habe: Vor dem vorgestrigen Kurssturz hatten die „Magnificent 7“-Aktien rund 60 % des S&P 500-Kursanstiegs der vergangenen 2 Jahre ausgemacht. Nur die 5 Aktien von Nvidia, Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta haben in diesem Zeitraum 700 Punkte zum Kursanstieg des S&P 500 beigetragen. Ohne sie würde der Index also fast 12 % niedriger stehen. Alleine Nvidia macht davon 4 Prozentpunkte aus.
Daher gilt es jetzt genau zu beobachten, wie sehr die Anleger DeepSeek als Gefahr für die Ertragskraft der Big Techs aus den USA sehen. Aktuell sieht es so aus, als herrsche immer noch eine „buy the dip“-Mentalität. Laut Medienberichten haben Privatanleger gestern Nvidia-Aktien im Wert von 562,2 Mio. Dollar gekauft, der höchste Wert seit 2014. Zur Einordnung: Im gesamten vergangenen Quartal waren es Aktien im Wert von 7,3 Milliarden Dollar.
Auch der aktuelle Schock wurde also schnell verdaut. Doch das kann sich noch ändern, wenn weitere negative Nachrichten zu den Big Techs aus den USA gemeldet werden. Bleibt zu hoffen, dass die Kleinanleger gegenüber den institutionellen Investoren am Ende nicht wieder die Dummen sind.
Das wilde Auf und Ab bot gute Tradingchancen
Bernd Raschkowski hat für seine Leser des „HighTech-Trader“ jedenfalls rechtzeitig einen Short-Trade auf Dell ins Depot geholt, der durch das jüngste Kursgeschehen schon 27 % im Gewinn notiert, nach nur einem Monat.
Und beim Trading-Dienst „Target-Trend-CFD“ haben wir das extreme Auf und Ab vom Wochenbeginn nutzen können. Um 11:22 Uhr – und damit kurz vor dem Ende der crashartigen Abwärtsbewegung – habe ich vorgestern bei 20.928 Punkten einen Long-Trade auf den Nasdaq 100 ins Depot geholt.
Zuvor hatte ich einen solchen Long-Trade, eingegangen am 20. Dezember bei 20.965 Punkten, am 16. Januar bei 21.310 Zählern mit einem Gewinn von 355,08 € erfolgreich beendet. Die Performance aller bislang beendeten Nasdaq 100-Trades hatte dadurch mit mehr als 10.500 € realisierten Gewinnen ein neues Hoch erreicht.
Und durch den Rückkauf dieses Trades ist die Grundlage für weitere Gewinne gelegt. Zumal der Index inzwischen wieder bei rund 21.300 Punkten steht und der Trade somit schon deutlich im Gewinn liegt.
Außerdem habe ich vorgestern Abend auch noch die extrem starke Kurserholung des Dow Jones genutzt, um einen Long-Trade auf diesen Index bei 44.720 Punkten zu beenden. Einstiegskurs: 44.290 Zähler. Gewinn: 430 Punkte und somit 430 Dollar je CFD-Kontrakt. Auch die Performance der Dow Jones-Trades ist dadurch auf ein neues Hoch geklettert.
Steigen die Kurse an den Aktienmärkten nun weiter, sind wir mit dem neuen Long-Trade auf den Nasdaq 100 im Markt. Kommt es hingegen zu erneuten Rücksetzern, bietet dies die Chance, den Long-Trade auf den Dow Jones zu niedrigeren Kursen zurück ins Depot zu holen. Letzteres wünsche ich mir mehr, weil wir aktuell ein Übergewicht an Short-Positionen auf die charttechnisch immer noch extrem überkauften und fundamental hochbewerteten US-Indizes im Depot haben.
Fazit
Sie sehen also – mit Stockstreet und Stock3 sind Sie über die aktuellen Themen an den Börsen stets bestens und zeitnah informiert.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: www.stockstreet.de)