Kurz zusammengefasst:
  • Indische Kompromissbereitschaft bei Digitalsteuer
  • Europäische Märkte zeigen unerwartete Stärke
  • Deutsche Bauindustrie erwartet Wachstum
  • Asiatische KI-Unternehmen gewinnen an Bedeutung

Die Weltwirtschaft steht vor einem kritischen Wendepunkt, während die Handelspolitik des wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump globale Anpassungen erzwingt. Ab dem 2. April 2025 drohen neue Vergeltungszölle, die Handelspartner weltweit in Alarmbereitschaft versetzen. Besonders Indien und die Europäische Union suchen fieberhaft nach Wegen, die drohenden Handelshürden abzuwenden oder ihre Auswirkungen abzufedern.

Indien zwischen Zugeständnissen und roten Linien

Indien zeigt sich in beispielloser Weise kompromissbereit, um eine Eskalation des Handelskonflikts mit den USA zu vermeiden. Wie Regierungsquellen berichten, erwägt Neu-Delhi, die Zölle auf mehr als die Hälfte der US-Importe im Wert von 23 Milliarden Dollar zu senken oder sogar vollständig abzuschaffen. Dies stellt die umfassendste Zollsenkung des Landes seit Jahren dar.

Ein besonders signifikanter Schritt ist die geplante Abschaffung der umstrittenen 6-prozentigen Digitalsteuer, die primär US-Technologieunternehmen wie Google, Meta und Amazon betrifft. „Diese Entscheidung signalisiert den Versuch, Handelsspannungen mit den USA zu entschärfen“, erklärt Steuerexperte Amit Maheshwari von AKM Global, gibt aber zu bedenken: „Es bleibt abzuwarten, ob dieser Schritt zusammen mit den laufenden diplomatischen Bemühungen zu einer Aufweichung der US-Position führen wird.“

Die indische Regierung hat jedoch klare Grenzen für Verhandlungen gezogen. Tarife auf Fleisch, Mais, Weizen und Milchprodukte, die derzeit zwischen 30% und 60% liegen, bleiben unangetastet – ein Zugeständnis an die heimische Landwirtschaftslobby und politische Verbündete.

Der Druck ist immens: Nach internen Analysen würden Trumps Vergeltungszölle 87% der indischen Exporte in die USA im Wert von 66 Milliarden Dollar treffen. Besonders der Pharma- und Automobilsektor mit Exporten im Wert von 11 Milliarden Dollar dürften am stärksten betroffen sein.

Europa findet neue Stärke in der Krise

Während Indien aktiv Zugeständnisse vorbereitet, hat Trumps unberechenbare Politik Europa in eine Phase unerwarteter Entschlossenheit katapultiert. Deutschland plant milliardenschwere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur – eine direkte Reaktion auf die veränderte geopolitische Landschaft und die drohenden Handelsbeschränkungen.

Diese Entwicklung hat eine überraschende „Europhorie“ an den Märkten ausgelöst. Europäische Aktien verzeichneten seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar einen Anstieg von 12%, während US-Aktien um 6,7% fielen. „Die positivere Aussicht für Europa ist sinnvoll. Aber wie üblich könnte der plötzliche Umschwung in einigen Fällen etwas übertrieben sein“, warnt Holger Schmieding, Ökonom bei der deutschen Berenberg Bank.

Positive Signale kommen auch vom europäischen Immobilienmarkt. In Deutschland sind die Wohnimmobilienpreise im vierten Quartal 2024 erstmals seit dem dritten Quartal 2022 wieder gestiegen – um 1,9% im Jahresvergleich. Dieser Anstieg markiert eine Trendwende nach der durch EZB-Zinserhöhungen ausgelösten Immobilienkrise.

Doch die Aussichten für den europäischen Markt bleiben ungewiss. Die Europäische Zentralbank schätzt, dass ein 25-prozentiger US-Zoll auf europäische Importe das BIP der Eurozone im ersten Jahr um etwa 0,3 Prozentpunkte reduzieren würde. Mit Vergeltungsmaßnahmen Europas könnte der Schaden auf etwa einen halben Prozentpunkt ansteigen.

Deutsche Industriestrategie als Antwort auf globale Unsicherheit

Deutsche Unternehmen reagieren unterschiedlich auf die geopolitischen Herausforderungen. Der Bauwirtschaftsverband HDB erwartet für 2025 erstmals seit fünf Jahren steigende Umsätze – eine bemerkenswerte Wende, nachdem der Verband im Januar noch einen Rückgang von 1,4% prognostiziert hatte.

Peter Hübner, Präsident des HDB und Vorstandsmitglied der deutschen Strabag-Sparte, erwartet sowohl Auftrags- als auch Umsatzsteigerungen: „Jeder in die Infrastruktur investierte Euro erhöht das Bruttoinlandsprodukt um das Zweieinhalbfache.“

Während Bauunternehmen und Rüstungskonzerne wie Rheinmetall optimistisch sind, zeigen sich andere Sektoren zurückhaltender. „Geld allein wird es nicht richten“, warnt Stefan Rauber, CEO des deutschen Stahlherstellers Saarstahl, mit Blick auf anhaltende Probleme wie Bürokratie und hohe Energiekosten.

Materialkonzern Holcim spaltet nordamerikanisches Geschäft ab

Inmitten dieser geopolitischen Spannungen treibt der Schweizer Baustoffkonzern Holcim die geplante Abspaltung seines nordamerikanischen Geschäfts voran. Die neue Einheit Amrize, mit mehr als 1.000 Standorten in den USA und Kanada der größte Zementhersteller Nordamerikas, soll bis Ende des ersten Halbjahrs 2025 an die Börse gebracht werden.

Für den Zeitraum 2025-2028 peilt Amrize ein jährliches Umsatzwachstum von 5-8% und eine Steigerung des bereinigten EBITDA von 8-11% an. Dies ist bemerkenswert angesichts der Schwierigkeiten am US-Baumarkt, wo hohe Zinsen Wohn- und Gewerbeprojekte belasten und die Inflation die Wirkung staatlicher Infrastrukturprojekte schmälert.

Asiatische Technologieführer stärken Position

Während sich westliche Märkte neu orientieren, bauen asiatische Technologieunternehmen ihre Position aus. Das chinesische KI-Startup DeepSeek hat eine bedeutende Aktualisierung seines V3 Large Language Models veröffentlicht und intensiviert damit den Wettbewerb mit US-Technologieführern wie OpenAI und Anthropic.

Das neue Modell DeepSeek-V3-0324 zeigt signifikante Verbesserungen in Bereichen wie Reasoning und Coding-Fähigkeiten gegenüber seinem Vorgänger. DeepSeek hat sich in den letzten Monaten schnell als wichtiger Akteur in der globalen KI-Landschaft etabliert und bietet Modelle an, die mit westlichen Pendants konkurrieren können – bei niedrigeren Betriebskosten.

Japans Reaktion auf Inflationsdruck

In Japan kündigte Premierminister Shigeru Ishiba „starke Maßnahmen zur Bekämpfung steigender Preise“ an. Diese Aussage wurde vom Regierungssprecher Yoshimasa Hayashi präzisiert: Es handele sich nicht um neue Ausgaben, sondern um die Mobilisierung bereits im Nachtragshaushalt für das laufende und im Entwurf für das kommende Fiskaljahr vorgesehener Maßnahmen.

Südafrikas Wirtschaft unter Druck

Auch afrikanische Volkswirtschaften bleiben von den globalen Handelsturbulenzen nicht verschont. Der südafrikanische Rand verzeichnete am Dienstag leichte Zugewinne, während Investoren auf Klarheit bezüglich der nächsten Runde von Trump-Zöllen warten. Lokale Anleger fokussieren sich auf den südafrikanischen Leitindikator für Januar, der Daten zu Fahrzeugverkäufen, Geschäftsvertrauen, Geldmenge und anderen Faktoren in Afrikas industrialisierter Wirtschaft zusammenfasst.

Ausblick: Globale Anpassungen an neue Handelsrealitäten

Die weltwirtschaftliche Dynamik verschiebt sich grundlegend. Während die USA unter Trump eine protektionistische Agenda vorantreiben, suchen Handelspartner nach neuen Strategien. Indien strebt einen Kompromiss an, Europa entdeckt neue wirtschaftliche Resilienz, und asiatische Technologieunternehmen nutzen die Gelegenheit, ihre globale Position zu stärken.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Die für den 2. April angekündigten US-Zölle werfen bereits jetzt ihre Schatten voraus und zwingen Regierungen weltweit zu oft schmerzhaften Anpassungen. Ob Trumps Handelspolitik tatsächlich zu einer Neujustierung der globalen Wirtschaftsordnung führen wird, bleibt abzuwarten – ebenso wie die Frage, welche Länder und Sektoren als Gewinner oder Verlierer aus diesem Umbruch hervorgehen werden.