Globaler Finanzmarkt unter Druck: Tarifängste und Strategiewechsel prägen Zukunftsaussichten
Wirtschaftliche Herausforderungen durch protektionistische Tendenzen und divergierende Zentralbankstrategien prägen die globalen Finanzmärkte bei steigenden Verteidigungsausgaben.

- Protektionistische Handelspolitik verunsichert Investoren
- Europas Konjunktursignale zeigen gemischtes Bild
- Zentralbanken zwischen Inflation und Wachstumsschwäche
- BRICS positioniert sich als globaler Akteur
Die Weltwirtschaft steht Anfang 2025 vor entscheidenden Herausforderungen, während sich politische und wirtschaftliche Spannungen verschärfen. Besonders Donald Trumps protektionistische Handelspolitik sorgt für Unsicherheit an den globalen Finanzmärkten. Die Sorge vor einer US-Rezession infolge hoher Importzölle wächst, wie aus aktuellen Marktanalysen hervorgeht. Eine Reuters-Umfrage zeigt, dass 91 Prozent der befragten Ökonomen die Wahrscheinlichkeit einer Wirtschaftskrise unter Trumps neuer Handelspolitik als gestiegen einstufen. Diese Entwicklungen wirken sich auch auf die europäischen Märkte aus, die ihrerseits mit gemischten Konjunktursignalen kämpfen.
Europas Wirtschaft zwischen Hoffnung und Unsicherheit
Die europäische Wirtschaft präsentiert sich mit widersprüchlichen Signalen. In Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Eurozone, stieg die Industrieproduktion im Januar überraschend um 2,0 Prozent gegenüber dem Vormonat – stärker als die von Analysten prognostizierten 1,5 Prozent. Gleichzeitig brachen jedoch die deutschen Exporte um 2,5 Prozent ein, während Experten einen Anstieg von 0,5 Prozent erwartet hatten. Der deutsche Außenhandelsüberschuss sank dadurch von 20,7 Milliarden Euro im Dezember 2024 auf 16,0 Milliarden Euro im Januar 2025.
Positive Impulse könnten hingegen von Deutschlands fiskalpolitischem Kurswechsel ausgehen. Die Parteien der künftigen deutschen Regierung haben sich auf eine Lockerung der Haushaltsregeln geeinigt, die ein zusätzliches Kreditvolumen von fast einer Billion Euro für Verteidigung und Infrastruktur ermöglichen könnte. In der Folge haben sowohl Goldman Sachs als auch JPMorgan ihre Wachstumsprognosen für die Eurozone nach oben korrigiert. JPMorgan erwartet nun für 2025 ein Wachstum von 0,8 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte) und für 2026 sogar 1,2 Prozent (plus 0,3 Prozentpunkte).
„Diese Revision wird hauptsächlich von Deutschland getrieben, aber wir erwarten auch ein etwas stärkeres Wachstum in der gesamten Region durch Spillover-Effekte und eine etwas lockerere Fiskalpolitik“, erklärten die JPMorgan-Ökonomen in einer kürzlich veröffentlichten Analyse.
Zentralbanken im Dilemma zwischen Inflation und Konjunkturschwäche
Die Zentralbanken stehen weltweit vor schwierigen Entscheidungen. In Norwegen stieg die Kerninflationsrate im Februar überraschend auf 3,4 Prozent, deutlich über den erwarteten 2,9 Prozent und dem Januarwert von 2,8 Prozent. Die norwegische Zentralbank hatte mit einer Abschwächung auf 2,7 Prozent gerechnet. Diese Entwicklung könnte die für den 27. März erwartete Zinssenkung – die erste seit fünf Jahren – in Frage stellen und die geplante Reduzierung des Leitzinses auf 3,75 Prozent bis Ende 2025 verzögern.
Die Europäische Zentralbank (EZB) senkte vergangene Woche ihren Einlagensatz auf 2,5 Prozent – die sechste Zinssenkung seit Juni. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte jedoch vor „enormer Unsicherheit“, darunter Risiken durch Handelskriege und erhöhte Verteidigungsausgaben, die die Inflation anheizen könnten. In der Folge hat JPMorgan seine Prognose für die EZB angepasst und erwartet nun nur noch zwei Zinssenkungen in diesem Jahr (Juni und September) statt der zuvor erwarteten drei.
In Japan zeigt sich unterdessen, dass die langjährige lockere Geldpolitik der Bank of Japan (BOJ) Wirkung zeigt – allerdings mit Nebenwirkungen. Der japanische Arbeitsmarkt ist so angespannt, dass einige Unternehmen aufgrund von Personalmangel in die Insolvenz getrieben werden. Laut einer Umfrage des Think Tanks Teikoku Databank könnte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im laufenden Geschäftsjahr bis Ende März den höchsten Stand seit elf Jahren erreichen und die Schwelle von 10.000 Fällen überschreiten. Bisher wurden in diesem Geschäftsjahr 308 Insolvenzen aufgrund von Arbeitskräftemangel verzeichnet – mehr als die 264 im Vorjahreszeitraum.
Globale Machtverschiebungen und neue Allianzen
Während die USA unter Trump eine isolationistischere Haltung einnehmen, positionieren sich die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) zunehmend als Alternative in der globalen Klimapolitik und Wirtschaftsordnung. Ihr Erfolg bei den UN-Naturschutzverhandlungen (COP16) im Februar 2025 in Rom, wo sie einen Textvorschlag einbrachten, der eine Einigung ermöglichte, stärkt ihre Position als „Brückenbauer“, wie Kolumbiens COP16-Präsidentin Susana Muhamad es ausdrückt.
„Sie versuchen, dieses Gleichgewicht zu schaffen, um den Globalen Süden gegenüber den rechtsgerichteten Regierungen zu vertreten, die in den USA, Italien und Argentinien entstehen“, erklärte Muhamad. „Ich verstehe, dass viele Länder den BRICS beitreten wollen, denn wenn man sich mit etwas wie den USA auseinandersetzen muss, ist man nicht allein.“
Die BRICS-Gruppe leidet jedoch unter internen Spannungen. Russland ist an hohen Einnahmen aus fossilen Brennstoffen interessiert, während Brasilien als Gastgeber der COP30-Klimakonferenz im November auf eine schnellere Dekarbonisierung drängt. Zudem weigern sich die BRICS-Staaten bisher, offizielle finanzielle Verpflichtungen als Geberländer zu übernehmen, was die Suche nach Kompromissen bei UN-Verhandlungen über Klimafinanzierung erschwert.
Verteidigungsausgaben und fiskalische Herausforderungen
Die EU-Finanzminister diskutieren derweil über neue Wege zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben. Am 10. März beraten sie in Brüssel über gemeinsame Anleihen, bestehende EU-Fonds und eine größere Rolle der Europäischen Investitionsbank. Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, 150 Milliarden Euro gegen die Sicherheit des EU-Haushalts aufzunehmen, um Regierungen Kredite für Verteidigungsprojekte zu gewähren.
Zudem sollen die EU-Fiskalregeln so geändert werden, dass mehr Spielraum für nationale Verteidigungsausgaben entsteht. Die Kommission hat vorgeschlagen, allen 27 EU-Regierungen zu gestatten, ihre Verteidigungsausgaben vier Jahre lang jährlich um 1,5 Prozent des BIP zu erhöhen, ohne Disziplinarmaßnahmen nach den EU-Schuldenregeln auszulösen.
„Angesichts der sich rasch verändernden Sicherheitslage muss Europa tiefgreifend über die Zukunft der Verteidigungsausgaben nachdenken“, schrieb der polnische Finanzminister Andrzej Domanski in seiner Einladung an die Minister. „Ein stabiler und berechenbarer Finanzierungsrahmen ist unerlässlich, um die europäischen Verteidigungsfähigkeiten systematisch zu entwickeln.“
Ausblick: Unsicherheit als neuer Normalzustand
Die Kombination aus Trumps protektionistischer Politik, geopolitischen Spannungen und strukturellen wirtschaftlichen Herausforderungen sorgt für anhaltende Unsicherheit an den globalen Märkten. Ein möglicher US-Regierungsstillstand droht zudem, falls der Kongress bis zum 14. März keine vorübergehende Finanzierung verabschiedet. Das Repräsentantenhaus hat eine sechsmonatige Überbrückungsfinanzierung vorgeschlagen, die die nicht-militärischen Ausgaben um 13 Milliarden Dollar kürzen und die Verteidigungsausgaben um 6 Milliarden Dollar erhöhen würde.
Im Südchinesischen Meer verschärfen sich gleichzeitig die Spannungen zwischen China und den Philippinen. Manila wirft Peking „illegales, nötigendes, aggressives und trügerisches Verhalten auf See“ vor, während China den Philippinen vorwirft, nicht unabhängig zu handeln, sondern einem „von externen Kräften geschriebenen Drehbuch“ zu folgen.
Für Anleger bleibt die Lage herausfordernd. Während die europäischen Märkte von Deutschlands fiskalischer Lockerung profitieren könnten, sorgen Trumps Zolldrohungen und die geopolitischen Spannungen für Volatilität. Die Zentralbanken stehen vor dem Dilemma, einerseits die Wirtschaft zu stützen und andererseits die Inflation zu bekämpfen. In dieser komplexen Gemengelage zeichnet sich ab, dass Unsicherheit zum bestimmenden Faktor der Finanzmärkte im Jahr 2025 werden könnte.