Globale Zinspolitik vor Herausforderungen: Inflation und Handelsspannungen prägen Ausblick für 2025-2026
Zentralbanken navigieren durch komplexe Wirtschaftslage mit unterschiedlichen Strategien: Kanada senkt Zinsen, während Russland und Großbritannien restriktiv bleiben.

- Handelsspannungen bremsen kanadisches Wirtschaftswachstum
- Russland hält Leitzins auf 21 Prozent
- Britische Inflationserwartungen bleiben erhöht
- Fed-Balanceakt zwischen Wachstum und Preisstabilität
Die weltweiten Notenbanken stehen Anfang 2025 vor komplexen wirtschaftlichen Herausforderungen, wobei Inflation, Handelsspannungen und politische Unsicherheiten die Zinspolitik maßgeblich beeinflussen. Während Kanada mit einer deutlichen BIP-Wachstumskorrektur und bevorstehenden Wahlen konfrontiert ist, halten Russland und Großbritannien an restriktiven geldpolitischen Maßnahmen fest, um die Inflation zu bekämpfen. Die US-Notenbank Fed signalisiert unterdessen Bereitschaft zur Lockerung ihrer Geldpolitik, muss jedoch zwischen Wachstumsunterstützung und Inflationsbekämpfung balancieren.
Kanadische Wirtschaft unter Druck durch Handelskonflikte und politische Unsicherheit
Die wirtschaftlichen Aussichten Kanadas haben einen deutlichen Dämpfer erhalten. BofA Securities hat seine BIP-Wachstumsprognose für Kanada für 2025 erheblich nach unten korrigiert – von ursprünglich 2,4% auf nun 1,5%. Auch für 2026 wurde die Prognose von 2,2% auf 2,0% gesenkt. Als Hauptgrund gelten die aktuellen Handelsspannungen mit den USA und die damit verbundenen wirtschaftlichen Unsicherheiten.
Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit der politischen Lage in Kanada. Der erst kürzlich ernannte Premierminister Mark Carney wird voraussichtlich am Wochenende Neuwahlen für den 28. April ausrufen. Analysten betonen, dass Kanada „sich keinen längeren Handelskrieg mit den USA leisten kann, da dies Rezessionsrisiken und eine mögliche Wiederbelebung der Inflation mit sich bringen würde“ – selbst wenn das Land über monetären und fiskalischen Spielraum verfügt, um die Auswirkungen dauerhafter Zölle abzufedern.
Die Bank of Canada (BoC) wird in diesem Umfeld voraussichtlich weitere Zinssenkungen vornehmen, um die Wirtschaft zu stützen. Eine zusätzliche Senkung um 25 Basispunkte wird bereits für April erwartet, wobei der aktuelle Leitzins von 2,50% weiter unter Druck geraten könnte.
Russlands und Großbritanniens Kampf gegen hartnäckige Inflation
Im Gegensatz zu Kanada hält die russische Zentralbank an ihrem restriktiven Kurs fest. Bei ihrer jüngsten Sitzung beließ sie den Leitzins unverändert bei 21% – dem höchsten Stand seit den frühen 2000er Jahren. Die Bank of Russia betonte, dass „die erreichte Straffung der monetären Bedingungen die notwendigen Voraussetzungen für eine Rückkehr der Inflation zum Zielwert im Jahr 2026 schafft“, schloss jedoch weitere Zinserhöhungen nicht aus.
Diese Entscheidung steht im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Abkühlung und Inflationsbekämpfung. Die Zentralbank prognostiziert, dass das Wirtschaftswachstum von 4,1% im Jahr 2024 auf 1-2% im Jahr 2025 fallen wird – eine deutlichere Abschwächung als die Regierungsprognose von 2,5%. Präsident Putin warnte seine Wirtschaftsexperten kürzlich davor, die russische Wirtschaft nicht „wie in einer Kryotherapiekammer einzufrieren“ – ein deutlicher Hinweis auf die Kritik russischer Geschäftsleute an der strengen Geldpolitik.
Auch in Großbritannien bleiben die Inflationserwartungen hartnäckig hoch. Deutsche Bank-Ökonom Sanjay Raja warnt, dass die kurzfristigen Inflationserwartungen im Vereinigten Königreich für den Großteil des Jahres bei etwa 4% liegen werden, angetrieben durch erwartete Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie. „Wir sehen sowohl kurz- als auch langfristige Inflationserwartungen, die über den Rest des Jahres 2025 erhöht bleiben – und über ihren langfristigen Durchschnitten verharren“, betonte Raja.
Dies könnte die geldpolitischen Lockerungspläne der Bank of England beeinträchtigen. Obwohl die Deutsche Bank mehrere Zinssenkungen im Laufe des Jahres erwartet, besteht das Risiko einer Unterbrechung des Lockerungszyklus. Der prognostizierte Anstieg des Verbraucherpreisindex und der Inflationserwartungen könnte das Monetary Policy Committee (MPC) dazu veranlassen, Zinssenkungen zu verschieben, bis mehr Klarheit über die Lohnabschlüsse für 2026 besteht.
Fed zwischen Inflationssorgen und Wachstumsunterstützung
Die US-Notenbank Federal Reserve steht vor einem Balanceakt. Nach Einschätzung von Morgan Stanley hat die Fed signalisiert, dass sie bereit ist, über tarifbedingte Inflation hinwegzusehen und die Geldpolitik zu lockern, um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen – falls notwendig.
Bei ihrer jüngsten Sitzung beließ die Fed den Leitzins wie erwartet in einer Spanne von 4,25% bis 4,5%, erhöhte jedoch ihre Inflationsprognose und senkte gleichzeitig ihren Wachstumsausblick für 2025. Fed-Chef Powell deutete an, dass die Notenbank bereit sei, die Zinsen zu senken, sollte die Wirtschaftstätigkeit Anzeichen einer Abschwächung zeigen.
„Wir stimmen zu, dass dies die richtige Idee ist, aber sie könnte in der Praxis schwer umzusetzen sein, insbesondere für eine Fed, die datenabhängig ist“, erklären die Morgan Stanley-Analysten. Sollte sich die Fed bei ihrer Entscheidungsfindung auf wirtschaftliche Daten stützen, „könnte es für sie schwierig werden, angesichts steigender Inflation zu lockern.“
Die von US-Präsident Donald Trump geplanten umfassenden Zölle gegen Freunde und Gegner gleichermaßen könnten die Preissteigerungen wieder anheizen und möglicherweise eine Wachstumsverlangsamung auslösen. Ein solches Szenario von hartnäckiger Inflation und schwachem Wachstum würde den künftigen Zinskurs für die Fed-Entscheidungsträger verkomplizieren.
Märkte zwischen Unsicherheit und vorsichtigem Optimismus
Die Finanzmärkte reagieren sensibel auf die komplexe Gemengelage aus Zinspolitik, Handelsspannungen und politischen Unsicherheiten. An der kanadischen Börse tendierten die S&P/TSX 60 Index-Futures am Freitag leicht nach unten, nachdem der Hauptindex am Vortag marginal um 8,97 Punkte oder 0,04% gefallen war.
Auch die US-Aktienindex-Futures gaben nach, während Investoren die Aussichten für die Fed-Politik gegen anhaltende Zollsorgen und enttäuschende Unternehmensergebnisse abwägten. Der S&P 500 Index ist jedoch auf Kurs, die Woche mit einem Plus von 0,4% abzuschließen und damit eine vierwöchige Verlustserie zu beenden.
Bei Rohstoffen zeigte sich eine gemischte Entwicklung. Die Ölpreise gaben am Freitag leicht nach, steuerten aber auf Wochengewinne von rund 2% zu – die größten Wochenzuwächse seit Anfang 2025. Unterstützt wurden die Preise durch neue US-Sanktionen gegen den Iran und Pläne zur Produktionskürzung durch die OPEC+. Der Goldpreis gab von seinen jüngsten Rekordhöhen nach, blieb aber über der erst kürzlich erreichten Marke von 3.000 US-Dollar je Unze, da die Nachfrage nach sicheren Häfen angesichts der erhöhten Unsicherheit über die US-Wirtschaft und Trumps Handelszölle hoch bleibt.
Ausblick: Herausforderungen für globale Notenbanken bleiben bestehen
Die kommenden Monate werden für die globalen Notenbanken eine Zeit der schwierigen Entscheidungen. In Kanada werden die bevorstehenden Wahlen und die Neuverhandlung des USMCA-Abkommens entscheidend für den wirtschaftlichen Ausblick sein. BofA Securities erwartet, dass der USD/CAD-Wechselkurs in diesem Jahr auf 1,40 fallen wird, da sich die nordamerikanischen Zollspannungen allmählich entspannen.
In Russland bleibt die Inflationsbekämpfung oberste Priorität, wobei der stärkere Rubel, der in diesem Jahr um bis zu 28% zugelegt hat, bei der Eindämmung der Inflation helfen könnte. „Das aktuelle Preiswachstum im Februar und Anfang März wurde teilweise durch einen stärkeren Rubel seit Jahresbeginn gebremst“, stellte die russische Zentralbank fest.
Für die US-Fed prognostiziert Morgan Stanley eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im Juni, da die Entscheidungsträger „stärker auf Abwärtsrisiken für die Wirtschaftstätigkeit als auf Aufwärtsrisiken für die Inflation achten“. Allerdings wird die Fed wahrscheinlich eine „mäßig restriktive Geldpolitik länger beibehalten“ müssen, bevor sie davon überzeugt ist, dass die Inflation ausreichend besiegt wurde, um weitere Senkungen zu rechtfertigen.
Die britische Wirtschaft steht ebenfalls vor Herausforderungen. Die CBI berichtet von einer Abschwächung im verarbeitenden Gewerbe, wobei der Hauptindex für Industrieaufträge im März auf -29 von -28 im Februar gesunken ist und damit deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von -13 liegt. „Die Bedingungen im britischen verarbeitenden Gewerbe bleiben gedämpft“, sagte CBI-Chefökonom Ben Jones. „Obwohl es einige Stärken gibt, insbesondere in der Luft- und Verteidigungsindustrie, berichten viele Unternehmen weiterhin, dass ihre Auftragsbücher schwach bleiben.“
Insgesamt zeigt sich, dass Notenbanken weltweit vor der komplexen Aufgabe stehen, die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen, ohne die Inflation außer Kontrolle geraten zu lassen – eine Herausforderung, die durch geopolitische Spannungen und protektionistische Handelspolitik noch verschärft wird.