Globale Wirtschaft unter Druck: Tarif-Drohungen erschüttern Finanzmärkte
Angedrohte US-Importabgaben belasten Weltbörsen, während europäische Wirtschaftsdaten gemischte Signale zeigen und China Gegenmaßnahmen zur Dollarschwemme einleitet.
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- Europäische Konjunkturdaten zeigen Lichtblicke
- Anleihemärkte erwarten zwei Fed-Zinssenkungen
- Chinas Zentralbank drosselt Dollar-Einlagenzinsen
- Kryptowährungen verlieren Aufwärtsdynamik
Die Sorge über neue US-Zölle unter der Trump-Administration belastet zunehmend die globalen Finanzmärkte und überschattet positive Wirtschaftssignale aus Europa. Ende Februar 2025 zeigen sich die weitreichenden Auswirkungen dieser protektionistischen Maßnahmen in nahezu allen Anlageklassen. Während die europäischen Börsen unter Druck geraten und der Euro gegenüber dem Dollar auf ein Zwei-Wochen-Tief gefallen ist, gibt es in einigen Volkswirtschaften dennoch überraschend positive Entwicklungen.
Europäische Wirtschaft zeigt gemischte Signale
Die französische Inflationsrate ist im Februar überraschend unter die 1%-Marke gefallen – zum ersten Mal seit Februar 2021. Mit einem harmonisierten Anstieg der Verbraucherpreise von nur 0,9% im Jahresvergleich blieb die Inflation deutlich unter den Erwartungen der Analysten, die im Durchschnitt mit 1,2% gerechnet hatten.
Gleichzeitig hat die schwedische Wirtschaft im vierten Quartal 2024 dank starker Exporte, Unternehmensinvestitionen und Haushaltsausgaben überraschend an Fahrt gewonnen. Das BIP wuchs um 0,8% gegenüber dem Vorquartal und um 2,4% im Jahresvergleich – deutlich mehr als die von Analysten prognostizierten 0,2% bzw. 1,1%. Für das Gesamtjahr 2024 konnte Schweden ein Wachstum von 1,0% verzeichnen.
Auch die türkische Wirtschaft übertraf mit einem Wachstum von 3,0% im vierten Quartal und 3,2% im Gesamtjahr 2024 die Prognosen der Analysten. Die Wirtschaft des Landes zeigte sich damit trotz hoher Zinssätze und einer technischen Rezession besonders widerstandsfähig. „Die Wirtschaft blieb weitgehend stabil, vor allem dank einer starken Nachfrage in einigen Bereichen“, wie Ökonomen anmerkten.
Handelsspannungen belasten globale Märkte
Die Drohung der USA, einen Zoll von 25% auf europäische Waren zu erheben, hat zu deutlichen Kursrückgängen an den europäischen Börsen geführt. Die Futures deuten auf weitere Verluste hin. Besonders gravierend ist die Situation für Kanada, wo die Währung auf ein 3,5-Wochen-Tief gefallen ist, nachdem Trump klargestellt hatte, dass die 25-prozentigen Zölle in der nächsten Woche in Kraft treten werden.
In Asien reagieren die Märkte ebenfalls negativ, wobei der japanische Nikkei und der südkoreanische Kospi mit Rückgängen von fast 3% besonders betroffen sind. Die chinesischen Festlandsbörsen zeigen sich mit einem Minus von nur 0,5% relativ stabil, während die Hongkonger Aktienmärkte um 1,7% nachgaben.
Vietnam, das unter den Top-US-Handelspartnern am stärksten von Exporten in die USA abhängig ist, hat bereits Zugeständnisse gemacht, um mögliche Strafzölle zu vermeiden. Das Land hat unter anderem zugesagt, Abschiebungsanträge der USA innerhalb von 30 Tagen zu bearbeiten und Reisedokumente für 30 in den USA inhaftierte vietnamesische Staatsbürger auszustellen – ein ungewöhnlicher Schritt, der die Ernsthaftigkeit der Lage unterstreicht.
US-Zinspolitik und chinesische Reaktionen
Die Anleger preisen inzwischen zwei Zinssenkungen der US-Notenbank für das laufende Jahr ein, die voraussichtlich im Juni und September erfolgen könnten. Die geopolitischen Spannungen und Anzeichen einer wirtschaftlichen Abkühlung in den USA stützen diese Erwartungen. Ein wichtiger Indikator wird der heute erscheinende PCE-Deflator sein, das bevorzugte Inflationsmaß der Federal Reserve.
In China reagieren die Behörden mit verschiedenen Maßnahmen auf den Druck des US-Dollars und die drohenden zusätzlichen 10%-Zölle. Die People’s Bank of China (PBOC) hat die Banken angewiesen, die Zinssätze für Dollar-Einlagen zu senken, um die Dollarhorte zu reduzieren und den schwächelnden Yuan zu stützen. Chinesische Festland-Anleger und Exporteure haben inzwischen Dollar-Einlagen im Wert von fast einer Billion Dollar angehäuft – ein Verhalten, das die chinesische Zentralbank offenbar eindämmen möchte.
„Wir haben die Anweisung von oben erhalten, dass wir die Dollarzinssätze senken müssen, und viele unserer Mitbewerber haben dies bereits getan“, sagte ein Bankenvertreter gegenüber Reuters. Einige Banken haben bereits Zinssenkungen angekündigt: Die Bank of East Asia wird den Zinssatz für einjährige Dollar-Einlagen ab 20.000 Dollar Anfang März von 4,4% auf 3,5% senken, während die Bank of Nanjing den Zinssatz für dreimonatige Dollar-Einlagen über 3.000 Dollar bereits von 4,3% auf 2,1% gesenkt hat.
Kryptowährungen unter Druck
Der Kryptomarkt steht ebenfalls unter erheblichem Druck, wobei Bitcoin mehr als 21% von seinem Januar-Höchststand verloren hat und wieder auf das Niveau zurückgefallen ist, das kurz nach Trumps Wahlsieg im November zu beobachten war. Die anfängliche Euphorie über eine möglicherweise kryptofreundliche Politik unter Trump scheint verflogen zu sein.
„Die anfängliche Begeisterung über die als kryptofreundlich wahrgenommene Haltung der Trump-Regierung scheint in einer Phase der Neukalibrierung zu sein“, erklärte Gabe Selby, Leiter der Forschungsabteilung bei CF Benchmarks. Seit dem Dezember-Höchststand wurden nominell fast 1 Billion Dollar vom globalen Kryptomarkt abgezogen, wobei die Gesamtmarktkapitalisierung nun bei rund 2,76 Billionen Dollar liegt.
Einige Marktbeobachter bleiben jedoch optimistisch. Der Standard Chartered-Analyst Geoff Kendrick hält an seinem Ziel für Bitcoin von 500.000 Dollar fest, das noch vor dem Ende von Trumps Amtszeit erreicht werden soll. Er begründet dies mit der Überzeugung, dass neue Käufer in den Markt eintreten werden.
Immobilienmärkte unter Beobachtung
Die Immobilienpreise in Hongkong sind im Januar den zweiten Monat in Folge gefallen, wie Regierungsdaten zeigen. Die Preise für Privatwohnungen sanken im Januar um 0,4% gegenüber dem Vormonat, nach einem revidierten Rückgang von 0,9% im Dezember. Für das Gesamtjahr 2024 wurde der Preisrückgang auf 7,2% nach unten korrigiert.
Die Immobilienpreise in Hongkong, einer der teuersten Städte der Welt, sind seit ihrem Höchststand im Jahr 2021 um fast 30% gefallen. Höhere Hypothekenzinsen, eine geringere Nachfrage nach dem Wegzug vieler Fachkräfte aus dem Gebiet und die schwachen wirtschaftlichen Aussichten haben zu diesem Preisverfall beigetragen.
In Japan hat die Regierung von Premierminister Shigeru Ishiba den Haushaltsentwurf für das nächste Geschäftsjahr um 343,7 Milliarden Yen (2,30 Milliarden Dollar) gekürzt. Der überarbeitete Haushalt wird höhere Haushaltssubventionen für eine kostenlose Schulbildung sowie eine höhere Schwelle für steuerfreies Einkommen enthalten, was zu einem Rückgang der Steuereinnahmen um 621 Milliarden Yen führen wird.
Ausblick für die kommenden Monate
Während sich die globalen Märkte auf weitere protektionistische Maßnahmen einstellen, richten sich die Blicke auch auf die anstehenden Zentralbanksitzungen. Die EZB wird nächste Woche voraussichtlich eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte beschließen, während die schwedische Riksbank nach sechs Zinssenkungen seit dem vergangenen Frühjahr wahrscheinlich eine Pause einlegen wird.
In Rumänien könnten die Haushaltskürzungen zur Eindämmung des chronischen Haushaltsdefizits und zur Vermeidung einer Herabstufung der Bonität kurz vor den Präsidentschaftswahlen im Mai zu einer sozialen Gegenreaktion führen. Dies könnte die Unterstützung für den rechtsextremen moskaufreundlichen Kandidaten Calin Georgescu stärken, der in den Meinungsumfragen führt und plant, die Unterstützung für die Ukraine zu beenden, den Nutzen von EU-Geldern in Frage stellt und die von den USA angeführten NATO-Ausgabenverpflichtungen als „ultra-sekundär“ bezeichnet.
Die nächsten Wochen werden zeigen, inwieweit die Handelspolitik der USA und die Reaktionen der betroffenen Länder die wirtschaftliche Entwicklung und die Finanzmärkte weiter beeinflussen werden. Fest steht jedoch bereits jetzt: Die globalen Wirtschaftsbeziehungen stehen vor einer grundlegenden Neuausrichtung.