Die internationale Geldpolitik befindet sich Anfang 2025 an einem entscheidenden Wendepunkt. Während die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Notenbanken erste Schritte in Richtung Zinssenkungen unternehmen, mahnen steigende Inflationserwartungen in den USA zur Vorsicht. Ein aktueller Stimmungseinbruch bei US-Verbrauchern unterstreicht diese Sorgen.
Divergierende Entwicklungen in Europa und USA
Die EZB bewegt sich mit ihren jüngsten geldpolitischen Entscheidungen in Richtung eines neutraleren Zinsniveaus. Aktuelle Schätzungen der Notenbank sehen den neutralen Zins zwischen 1,75% und 2,25%. Bei einem gegenwärtigen Leitzins von 2,75% deutet dies auf weitere Zinssenkungen hin. Allerdings warnen die EZB-Ökonomen davor, diese Schätzungen als automatischen Fahrplan zu interpretieren.
In den USA zeichnet sich hingegen ein komplexeres Bild ab. Der Michigan Consumer Sentiment Index fiel im Februar überraschend auf 67,8 Punkte – den niedrigsten Stand seit sieben Monaten. Besonders beunruhigend: Die Inflationserwartungen der Verbraucher für das kommende Jahr sprangen auf 4,3%, den höchsten Wert seit November 2023.
Liquiditätssorgen im Bankensektor
Eine besondere Herausforderung stellt die schwindende Überschussliquidität im US-Finanzsystem dar. Die Nutzung der Fed-Übernachtfazilität (RRP) ist auf nur noch 78 Milliarden Dollar gefallen – ein drastischer Rückgang vom Höchststand von 2,55 Billionen Dollar im Dezember 2022. Dies könnte die weitere Reduzierung der Fed-Bilanz erschweren.
Die Bankreserven bewegen sich mit 10-11% des BIP in einen kritischen Bereich. Fed-Gouverneur Christopher Waller hatte diese Schwelle als Signal genannt, die quantitative Straffung zu überdenken. Experten erwarten nun ein früheres Ende des Bilanzabbaus als bisher angenommen.
Internationale Währungsmärkte unter Druck
In Mexiko zeigt sich unterdessen ein positiver Trend: Die Inflationsrate sank im Januar auf 3,59%, was der Zentralbank Spielraum für weitere Zinssenkungen gibt. Die Bank of Mexico nutzte diese Gelegenheit für eine beschleunigte Lockerung ihrer Geldpolitik mit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte auf 9,5%.
Auch in Kanada gibt es ermutigende Signale vom Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote fiel im Januar überraschend auf 6,6%, während die Wirtschaft 76.000 neue Stellen schuf. Dennoch bleiben Herausforderungen: Die Lohnzuwächse schwächen sich ab, und drohende US-Zölle sowie rückläufige Einwanderungszahlen könnten die wirtschaftliche Erholung gefährden.
Ausblick bleibt unsicher
Die Bank of England mahnt durch ihren Chefökonomen Huw Pill zur Vorsicht bei Zinssenkungen. Trotz des jüngsten Zinsschritts auf 4,5% warnt er vor zu schnellen weiteren Lockerungen, da der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei.
Diese vorsichtige Haltung spiegelt die globalen Unsicherheiten wider. Handelspolitische Spannungen, volatile Märkte und divergierende wirtschaftliche Entwicklungen in den großen Volkswirtschaften machen die Steuerung der Geldpolitik zu einer besonders heiklen Aufgabe. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Notenbanken den richtigen Balance zwischen Wachstumsunterstützung und Inflationsbekämpfung finden.