Kurz zusammengefasst:
  • PMI signalisiert Wachstumstrend in Deutschland
  • Fiskalpaket unterstützt heimische Konjunktur
  • EZB bereitet weitere Zinssenkungen vor
  • Anleger entdecken Alternativen zu US-Aktien

Die deutsche Wirtschaft hat im März 2025 den stärksten Wachstumsimpuls seit zehn Monaten verzeichnet, während sich innerhalb Europas zunehmend unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungspfade abzeichnen. Der HCOB German Flash Composite Purchasing Managers Index (PMI) stieg auf 50,9 Punkte und markiert damit den dritten Monat in Folge über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.

Deutsche Industrie erholt sich langsam

„Die Wirtschaftsdaten für das erste Quartal sehen vielversprechend aus, mit einem Composite PMI, der jeden Monat über der Expansionsschwelle lag,“ erklärt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung im deutschen Fertigungssektor, der zwar mit 48,3 Punkten weiterhin unter der Expansionsschwelle liegt, aber eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Februar-Wert von 46,5 Punkten zeigt. „Die Hersteller haben die Produktion zum ersten Mal seit fast zwei Jahren hochgefahren,“ so de la Rubia.

Diese positive Entwicklung steht im Kontrast zur französischen Wirtschaft, die weiterhin mit Problemen kämpft. Dort zeigt der Composite PMI mit 47,0 Punkten den siebten Monat in Folge eine Kontraktion an, obwohl auch hier eine leichte Verbesserung gegenüber dem Februar-Wert von 45,1 Punkten zu erkennen ist. Das Geschäftsvertrauen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone ist auf den niedrigsten Stand seit April 2020 gefallen.

Fiskalimpulse und globale Handelsspannungen

Die deutsche Aufwärtsdynamik wird durch das kürzlich verabschiedete Ausgabenpaket der Bundesregierung unterstützt, das sowohl Infrastrukturinvestitionen als auch eine Aufstockung der Militärausgaben vorsieht. „Das erste Quartal könnte dank des Fiskalpakets den Beginn einer nachhaltigeren Erholung markieren,“ so de la Rubia. Die Kombination aus einem Importboom aus den USA und den erwarteten Vorteilen des neuen deutschen Infrastruktur- und Verteidigungspakets tragen zur positiven Entwicklung bei.

Gleichzeitig werfen die handelspolitischen Spannungen zwischen den USA, Europa und China zunehmend Schatten auf die wirtschaftlichen Aussichten. EZB-Direktoriumsmitglied Piero Cipollone wies am Montag darauf hin, dass diese Entwicklungen den Ratenkurs der Europäischen Zentralbank beeinflussen könnten: „Wenn die Vereinigten Staaten Zölle auf europäische Exporte erheben würden, hätte das negative Auswirkungen auf die Nachfrage, was den Abwärtstrend bei der Inflation weiter verstärken würde.“

Zentralbanken im Dilemma

Die Europäische Zentralbank steht vor einem komplexen geldpolitischen Umfeld. Nach sechs Zinssenkungen seit Juni 2024 deuten die jüngsten Äußerungen führender Notenbanker auf eine Fortsetzung dieses Kurses hin. „Wesentliche Faktoren haben sich seit unserer letzten Sitzung verändert und die Argumente für weitere Zinssenkungen verstärkt,“ sagte Cipollone. „Wir werden unser Inflationsziel wahrscheinlich früher erreichen als unsere jüngsten Prognosen andeuten.“

Diese Einschätzung wird durch sinkende Energiepreise, einen stärkeren Euro und gestiegene Realzinsen unterstützt. Die Finanzmärkte preisen mit etwa 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Zinssenkung im April ein, während ein Zinsschritt bis Juni als sicher gilt. Ein weiterer Schritt wird für Dezember erwartet, wodurch der Einlagensatz der EZB bis Ende 2025 bei 2,0 Prozent liegen würde.

Globale Vertrauenskrise

Während die EZB ihren Kurs für weitere geldpolitische Lockerungen ebnet, offenbart sich eine besorgniserregende Entwicklung im internationalen Finanzsystem. Einige europäische Zentralbank- und Aufsichtsbeamte zweifeln zunehmend daran, ob sie sich in Krisenzeiten weiterhin auf die US-Notenbank Federal Reserve als Quelle von Dollar-Liquidität verlassen können.

Diese bislang nicht öffentlich diskutierten Bedenken entstanden, nachdem die Trump-Administration mit langjährigen US-Politikmustern gebrochen hat – von der scheinbaren Unterstützung russischer Positionen zur Ukraine bis hin zur Verhängung von Zöllen gegen Verbündete. In einigen europäischen Foren, die potenzielle Risiken für das Finanzsystem bewerten, wurden Szenarien durchgespielt, in denen die US-Regierung Druck auf die Fed ausüben könnte, ihre Dollar-Unterstützung auszusetzen.

Das Ergebnis dieser Analysen ist ernüchternd: Es gibt keinen adäquaten Ersatz für die Fed. Mit etwa 17% der Finanzierung europäischer Banken in US-Dollar bleiben die Kreditlinien der amerikanischen Notenbank für die Stabilität des europäischen Finanzsystems unverzichtbar.

Inflationsentwicklung in verschiedenen Regionen

Während Europa über Zinssenkungen diskutiert, zeigen die Inflationsdaten außerhalb der USA eine allgemeine Entspannung. In Singapur fiel die jährliche Kerninflationsrate im Februar auf 0,6%, den niedrigsten Wert seit fast vier Jahren. Diese Entwicklung liegt unter der Medianprognose von 0,7% und dem Januar-Wert von 0,8%. Die Gesamtinflation lag bei 0,9% im Jahresvergleich.

Diese Daten deuten auf eine mögliche geldpolitische Lockerung bei der nächsten Überprüfung der Monetary Authority of Singapore im April hin, wie OCBC-Ökonomin Selena Ling erklärt: „Die Auswirkungen der Inflation auf andere Volkswirtschaften außerhalb der USA sind derzeit noch unklar, angesichts der häufigen Kehrtwenden bei Zollankündigungen. Vorerst könnten Zentralbanken es vorziehen, eher auf die Abwärtsrisiken für das Wachstum zu achten.“

Marktverschiebungen und neue Anlagealternativen

Die globalen Finanzmärkte erleben derzeit eine bemerkenswerte Verschiebung der Kapitalströme. US-Aktien verzeichnen einen der schnellsten wöchentlichen Geldabflüsse seit Beginn der Aufzeichnungen, während zuvor vernachlässigte Märkte davon profitieren. Europas STOXX 600 steht im ersten Quartal 2025 vor einem Gewinn von 9,3%, während der S&P 500 einen Verlust von 4,5% aufweist – die stärkste Outperformance Europas gegenüber dem US-Leitindex in den ersten zwölf Wochen eines Jahres seit 2015.

Verteidigungsaktien führen den Aufschwung an, da europäische Regierungen Wege suchen, ihre Sicherheitsausgaben zu finanzieren, ohne sich auf die USA verlassen zu müssen. Chinesische Technologieaktien sind ebenfalls stark gestiegen, mit einem regionalen Index, der über 30% zulegt, während ein Korb der großen US-Technologiewerte um 15% gefallen ist.

Die alte Marktweisheit TINA (There Is No Alternative) weicht zunehmend TIARA (There Is A Real Alternative): Anleger finden wieder echte Alternativen zu US-Aktien. Diese Umschichtung markiert möglicherweise den Beginn einer neuen Ära an den globalen Finanzmärkten, in der die jahrelange Dominanz amerikanischer Assets nicht mehr als selbstverständlich gilt.